kungsleden (2023) – rakt fram 17/25
tag 17: adolfström – bárasjuhka (16.7.)
anscheinend ist sonntag
die schwester hat geburtstag + ich sende grüße. dann schau ich unschlüssig ausm fenster.
vor 1 woche konnte ichs in jokkmokk gar nicht erwarten, wieder aufzubrechen, zurück aufn weg. heute regnets zum 1. mal richtig, die aussichten sind trübe. das wetter hat endgültig gedreht + die sonnigen tage sind vorbei. auch wenn ich mir selbst sage, dass ich keine schönwetterwander*in bin + mit jedem windsturmnassregenereignis zurechtkomme draußen, mag ichs doch, wenn zufällig immer gerade da, wo ich bin, die sonne scheint, dass ichs mir herbeireden kann: solen går med mig (die sonne geht mit mir).
nun ists aber schluss mitm blauen himmel + ich fühle mich der natur verpflichtet, in ihrem namen mit dankbar zu sein, dass uns das klima jetzt noch nicht verbrennt. dass wir alle noch die chance haben, das zu tun, was wir mögen, dass wir wenig rücksicht nehmen müssen aufs wetter. abers ist der sommer, der letztes jahr mitm wandern aufm olavsleden schon begann, wo ich zunehmend die leute frage, wies ihnen geht, wenn sie die nachrichten über die brände hören, die überschwemmungen, dort, wo sie gerade urlaub gemacht haben oder hinfliegen.
urlaub in zeiten des klimawandels
oft sind die leute pikiert, wenn man die schöne freie zeit, die der erholung+entspannung + des loslassens vom alltag gelten soll, mit der unumkehrbaren klimatischen zerstörung dieser welt in verbindung bringt. vielleicht meide ich unbewusst seit jahren die südlichen europäischen länder, um nicht in der unerträglichen hitze gebrutzelt zu werden. aber der kühle norden hat ebenso merklich aufgeheizt + nur durch 1 schnellreaktion + umplanung des weges bin ich der flut bzw. ihren konsequenzen in kebnekaise entgangen.
ich kann mich freuen auf regen wie letztes jahr, als ich am ende nach 3 wochen auf schwedens heißen asphaltstraßen die letzten wandertage von kopfüberrucksackbisfuß durch+durchnässt triefend+schniefend voranträufelte. man kann sichs sogar schön+herbeireden das wetter: der himmel weint, weil wir abschied nehmen müssen. meine güte, ja, das hab ich mir nicht ausgedacht, es ist 1 redensart. es muss so kommen, 1 wanderung in schweden ohne regen ist 1 katJastrophe für sich, dann ists vielleicht zu spät zum wandern.
wetter – app?!
beim checken der wetter-app stelle ich fest, dass die rote nadel, die meinen zustand anzeigt, noch weit entfernt vom heranziehenden regen ist. also beschließe ich, die zeit bis zum hereinbrechen zu nutzen + 1 stück zu gehen. zumindest bis bäverholmen, wo die nächste stuga steht. von dort an gibt es nur weitere kleine rasthütten, die für notfälle gedacht sind, v.a. im winter. übernachten ist nicht erlaubt, aber man kann in deren nähe 1 zelt aufstellen + hat fürs mitgeschleppte essen 1 dach überm kopf.
die etappe ist bis zur länsgränsen verzeichnet, der landesgrenze zwischen norbotten+västerbotten. sie ist 32 km lang + hört eigentlich im nirgendwo auf. danach gehts in västerbotten bis zur rävfalls-hütte 14 km weiter. dort gäbs auch betten, aber den schlüssel müsste man sich von adolfström mitnehmen + im nächsten ort ammarnäs, weitere 21 km entfernt, wieder abgeben. insgesamt also 67 km, auf denen man sich die zeltplätze in der natur suchen kann. 67 km bis zur nächsten einkaufsgelegenheit.
short cut
es gäbe auch 1 abkürzung, die die meisten, mit denen ich über die etappe spreche, einschlagen werden. weil sie schon müde sind vom weg, weil sie ankommen wollen, weil sie nichts großartiges aufm umweg erwarten. natürlich will ich außen rum gehen, den ganzen weg, deshalb bin ich ja da. ich habe aufm olavsleden nicht die hauptstraßen übersprungen, indem ich mich vom stugvärd weiterfahren ließ: ich ließ mich, weil die etappe zu lang + die herberge ausgebucht war, mittendrin abholen + am nächsten tag zurückfahren. so mach ichs auch jetzt, nur ohne transport.
bevor ich losziehe, schreibe ich dem austria-deutschen-duo, das wie das pärchen mit hündchen 1 pausentag einlegt, 1 nachricht, dass ich schon mal weitergehe + sie mich sicher einholen werden. trotz meiner fußschmerzen gestern kann ich mich nicht dazu entschließen, hier zu bleiben + den regen abzuwarten. es wird ja nicht besser, weder mitm wetter noch mitm fuß. lieber geh ich 1 stück, raste dann wieder, gehe wieder 1 stück. an 1 lange etappe kann ich gerade nicht denken.
regen_pause
obwohl ich 1 regenpause erwische, als ich aus der tür trete, fängts kurz drauf an zu nieseln. das geht ja noch. ein bisschen abkühlung tut gut + ich bin froh, dass die steine, über die ich steige, noch nicht komplett glitschig+rutschig sind. bald kommt mir schon 1 einzelner wanderer entgegen, der mich von weitem für 1 troll hält, weil mein gesicht wie 1 ovaler mond aus der langarmshirtkapuze scheint. ich verstehe seinen scherz nicht, also habe ich schmerzen.
als er anfängt, von seinem weg zu erzählen, bleibe ich stumm. seit wochen, vielleicht monaten ist er unterwegs, von 1 tour zur anderen. er schimpft über die wege, die steine, den regen. er erinnert mich an mich, als ich noch über die mückenplage klagte, was der stugvärd in singi nicht das erhoffte lachen entlockte. zumindest hatte ichs in 1 lustigen ton versucht, der unverständlichkeit 1 klage über etwas, das nicht zu ändern ist, auf das man sich ja sogar einstellt, bewusst. auch er müsste wissen, dass das der weg hier ist: steine. regen. trampelpfad.
katl klat kalt
erst jetzt wird mir richtig klar, wie seltsam das ist, wenn man hier unterwegs ist + es nicht genießen kann. sicher hab ich auch meine probleme mit all den begleiterscheinungen, die einerseits das wandern, andrerseits das pausieren erschweren. trotzdem sind all die aus+einblicke hier unbezahlbar. es lohnt sich. neulich hab ich etwas gelernt über die ewige frage, warum leute ständig da hinter her sind: dass sich was lohne (ich glaubes war hier). in 1 podcast berichtete jemand über motivation + dass leute 1 ziel anstreben + sich dafür anstrengen würden, wenns am ende 1 belohnung gebe. die kann die anstrengung an sich sein, nichts, was extra gezahlt wird, sondern aus der intrinsischen motivation heraus vielleicht 1 sinn im leben ergibt.
wenn sichs lohnt, tut mans auch. aber tun wir alles nur dafür, dass wir am ende was rauskriegen? ist aller altruismus nur begleiterscheinung des guten gefühls, das man hat, wenn man anderen was gutes getan hat? des dankes, des erfolges? wenn ich auf 1 aussichtsturm steige, steht schon d. nächste unten + fragt, ob sichs lohne, hinaufzugehen. für wen lohnt sich was? lohn ist doch nicht für alle gleich?! für mich lohnen sich die entbehrungen/anstrengungen/unannehmlichkeiten. ich nehme sie in kauf. alle diese begriffe machen 1 große rechnung auf, als ob das leben in 1 monitären zusammenhang gebracht werden könnte.
je ne regrette de rien
was ich nur weiß: am ende, wenn ich das geschafft haben werde, werde ich davon zehren. ich speichers aufs habenkonto meiner erlebnisse, die gute erfahrungen trotz aller hinder+widernisse. ich zehre von der kraft, die ich aufgebraUcht habe, das zu schaffen. ich werde es büßen, weil der fuß kaputt ist + ich nicht mal mehr gehen kann. wo nicht laufen können schon 1 identitätskrise auslöste, weil in dieser selbstermächtigung so viel befriedigung/selbstwirksamkeit zu holen war, ohne die ich mir leer+machtlos vorkam, wird das nicht 1x mehr gehen/wandern können bis zu den grundfesten der existenz rühren. was, wenn ich nie wieder 1 längere strecke gehen kann? was, wenn ich keinen rucksack mehr schnüren kann für 1 mehrtagestour? was, wenn ich mein päckchen nicht mehr tragen kann?
aber jetzt denke ich nicht drüber nach. jetzt gehe ich einfach weiter. jetzt nehme ichs in kauf. ich werdes büßen, aber ich werdes nicht bereuen.
bäverholmen
mit 1 hinweis aufs café in adolfström versuche ich den mann umzustimmen in seiner laune, da habe er was, auf das er sich freuen könne, er kanns aber nicht annehmen. ich bin froh, als wir wieder unserer wege gehen.
als ich nach 8 km bäverholmen erreiche, freue ich mich auf 1 fika (kaffeepause mit kuchen). obwohl ich gerade ausm feinkostparadies komme, habe ich nichts mehr weiter in den rucksack gepackt, sondern bin vor der öffnung um 10 uhr gegangen. jetzt würde ich mich freuen auf 1 heißen kaffee mit was süßem. aber es leuchtet kein licht, die tür ist verschlossen – klingeln/klopfen mag ich nicht. es ist immer schade, wenn man sich so auf was gefreut + dann passierts nicht. die große enttäuschung. es wäre die letzte aufladestation vor den nächsten dreivier tagen gewesen, je nachdem, wie weit ich gehen kann am tag/wie lange ich brauche.
wie 1 einbrecher schleiche ich mich schnell vom grundstück, damit ich auch nicht den needy eindruck mache, den ich in der magengrube spüre. erst außer sichtweite, am nächsten fluss, mach ich an 1 bank 1 pause für 1 riegel.
pilger*innen
der nächste, den ich schon im strömenden regen treffe, ist herzlich, gut gelaunt + fragt mich, wies mir gehe. einfach so, nicht weil ich müde/kaputt auf 1 stein sitze + nicht weiter weiß, sondern einfach, weil man hier nicht viele leute trifft aufm weg + es nett ist, kurz stehen zu bleiben + zu fragen, wies geht.
wir zeigen uns gegenseitig gute rast/zeltplätze + er verweist mich auf 1 gruppe niederländer*innen, die er hinter sich gelassen hat, die 1 guten zeltplatz an 1 brücke gefunden hätten, vor sjnulttjie, das mitten im vogelnaturschutzgebiet liegt, wo ausnahmsweise außer direkt an der stuga über viele km nicht gezeltet werden darf. ich weise ihn noch auf das unwetter hin, dass gegen 14 uhr kommen werde. er sieht etwas verwirrt aus, weil wir ja schon im strömenden regen stehen. aber ich versichere ihm, dass es so sei + er sich beeilen solle. wir tauschen unsere namen aus. dann ziehen wir weiter.
raststuga
das letzte kleine stück zur hütte sieht minimal auf der karte aus, aber im strömenden regen ziehts sich ewig am fluss entlang. als ich bárasjuhka endlich erreiche, sitzen 3 niederländer*innen in der hütte + rasten bei 1 mittagessen. ich zünde gleich 1 feuer an, weil ichs für mich für 1 notfall halte: ich bin unterkühlt + brauche wärme, das essen würde mir nicht reichen + ich will auch die kleidung trocknen. später werde ich 1 schlechtes gewissen haben, wenn ich an die dunklen wintertage denke, wo die menschen ausm schneesturm durchgefroren in die hütte treten + ausm restholz 1 feuer anschüren müssen, um nicht zu erfrieren.
es sind die 3 leute, die mich nach der schönsten stelle fragen. es sind die 3 freund*innen des jungen mannes, den ich vorhin getroffen. wir kommen ins plaudern + ich komme mir alt + weitgewandert vor. als sie gehen, checke ich die lage. es gibt noch empfang, was ungewöhnlich in dieser verlassenen gegend, aber im moment genau das, was ich brauche: empfang+verbindung.
stugarast
wie auch immers plötzlich geschieht: ich stelle fest, dass ich die wetter-app falsch gelesen habe. die rote nadel verschiebt sich nicht von allein, wenn man die app öffnet, die positionsbestimmung muss durch 1 neuladung aktiviert werden. als ich das tue, verschiebt sich die nadel so weit nach unten, dass ich plötzlich im unwettergebiet sitze, für das für die nächsten stunden dauerregen prophezeit ist. anscheinend hab ich das vorhin vergessen: aktualisieren.
ich versuche ja immer, das gute zu sehen bei allem, was so geschieht, wobei ich mir nicht sicher bin, ob das schon an der grenze zur realitätsverleugnung ist, was monika rennert in ihrem buch als 1 der zentralen abwehrmechanismen bei co-abhängigen identifiziert. hier also könnte ich denken: ach! gut, dass ich das jetzt gemerkt habe. als ich vorhin noch dachte: komisch, es schüttet aus kübeln, aber die app zeigt keinen regen an: wie schlimm wirds noch werden? da hab ich mich nur vertan. in wirklichkeit war ich schon mittendrin im hochwassergebiet. es kann also nicht noch (viel) schlimmer kommen als jetzt.
on the other hand, charlie brown
da sitze ich jetzt inmitten des nicht enden wollenden gusses + müsste damit zurechtkommen, dass ich nur noch im regen unterwegs bin. da krieg ichs mit der angst zu tun. nicht der panik, nein, aber der angst: wie macht man das eigentlich, wenn man komplett durchnässt mitten in der wildnis 1 zelt aufbaut + kein feuer zündeln kann. wie kriegt man sich warm+trocken, wo doch die kleidung nirgends durch luft/wärme/wind im zug 1 chance auf recovery erhält. wie überlebt man da?
ich denke an den linken arm, mit dem ich das 1. mal in dänemark im winter im kalten windstrom merkte, dass er nicht so gut durchblutet wie der rechte arm, was mir kein*e ärzt*in glaubt. was sich niemand erklären kann. (sinds die lymphen? man greift ja nach jeder theorie.) er kühlt einfach durch + wird nicht mehr warm, er schmerzt vor kälte, während der rechte, wenn auch nicht glüht, so doch merklich ok ist. selbst wenn ich die windrichtung ändere + auf der rechten seite im zug stehe, kommt der linke nicht mit der kälte zurecht. auch die hände frieren ab. vielleicht ist das auch die essstörung: der körper sammelt alle energie + gibt nichts mehr ab: “wärme? vergiss es! ich brauche jede kalorie für die alleinige existenz des kopfessamtrumpfes!”
meeting you
während ich so sinniere, was jetzt zu tun sei, kommt die schwedin herein, die in jäckvik das speieseeis verzehrte. sie wollte eigentlich in bäverholmen lunch (mittagessen) einlegen, stand aber ebenso vor verschlossener tür. also kocht sie sich 1 große nudelmahlzeit auf. als ich mich fürs feuer entschuldige, das ich verbraucht, zuckt sie die achseln. ist doch ok. wir kommen ins plaudern + ich erkläre ihr meine situation: dass ich nicht mehr vor+zurück weiß, dass ich gestrandet bin + wie nachm fehler mitm finger jetzt 1 pause brauche, um nachzudenken: warum ist mir das passiert? was heißt das jetzt? was mach ich jetzt?
wir erzählen uns unsere geschichten, von unserer arbeit, unseren leben. es ist die 1. person, die ich wirklich hier kennenlerne, bis in die tiefen hinein, die wir teilen, wenn wir die langen strecken gehen, die wir brauchen, weil wir im alltag so angespannt, dass wir nur loslassen können in der bewegung. im überschreiten der grenzen. was andere oft nicht verstehen, die im urlaub ans meer fahren zum baden+sonnen. warum tun wirs uns an?
schwed*innen
es ist großartig mit ihr zu sprechen, wieder auf englisch, weil mein schwedisch für so 1 gespräch bei weitem nicht ausreicht. sie erzählt von ihren beiden hunden, die sie mit auf wanderung nehmen; von ihrem mann mit den rückenproblemen, weshalb sie die größere last trägt; von dem familiennotfall, für den er mit den tieren den weg verlassen musste; von ihrer kindheit, als ihr 1 arzt prophezeite, dass sie mit der fehlstellung der beine nie werde richtig laufen können.
ich denke an die afghanin ausm zug mit der beinprothese + welche kraft in diesen körpern+köpfen stecken muss, um die beine zu bewegen gegen alle widerstände, die ihnen von außen entgegengebracht. ich bewundere dieses gehen über den schmerz hinaus + kanns nicht fassen, als sie mir erzählt, dass sie mit sandalen aufm weg sei. sandalen! mit dicken wollsocken, damits nicht zu kalt, wenns nass ist. wenn mir leute sagen, ich würde überproportional viel unternehmen+aushalten im vergleich mit 1 sogenannten “normalenbevölkerung”, denke ich an diese menschen + welche außergewöhnliche volitions+motivationsakte sie auf sich nehmen müssen, um das zu bewältigen, was sie tun.
ultra
ich wäre gern 1 von ihnen. als ich längere zeit mit 1 ultraläufer liebäugelte, der sich als alles andere als ultra herausstellte, sah ich mir reihenweise videos von marathonläufen durch die wüste + ultraläufen über berge an, bis ich verstand, dass ich da nicht dazugehören würde. dass mir 1 anderes maß mitgegeben ist. 1, dass mich nicht zur leistungssportlerin macht, für die das maximum herauszuholen ausm körper die größte befriedung ist. dafür habe ich 1 zu großen hedonismus angelegt bekommen.
mein antrieb allein scheint sozialisiert, durch weglaufen aus umständen, die ich nicht beherrsche, durch angst, aber auch durch willen, was zu schaffen, aber nur bis zum punkt, wo ich 1 gefühl von freude empfinde, das ich dann auch auskosten will. bis zur erschöpfung manchmal, aber nie solcher, die vorher den letzten leistungspunkt erreicht. alison bechdel sagt, man würde allein nicht an die grenze gehen, nur wenn 1 andere*r es verlange wie die meister*innen der kampfsportkünste, die ihren schüler*innen ganz neue grenzen aufzeigen können, an die sie alleine nicht kommen. da schützt mich meine soziale phobie, die nicht wirklich 1 ist, eher 1 unbehagen mit anderen menschen, die ich nicht kenne oder solchen, die ich nicht mag, davor, dass ich mich jemandem so unterwerfe, dass ich mich über diese grenze hinausbewege. es reicht auch so. der kaputte fuß wird am ende sagen: du brauchst keinen ultramarathon, um dich ans ende deiner kraft zu bewegen. das schaffst du auch mit viel weniger.
bio-age
dennoch werde ich mir die nächsten tage so alt vorkommen, so abgeschliffen, so aufgebraucht. + vieles davon hab ich mir selbst zu danken, den süchten, den störungen, der infektion. inmitten der schönsten unterhaltung kommt 1 zweiter schwede herein, ebenso schwarz angezogen, schüttelt er wie 1 hund die nassen kleidungsstücke ab + wringt die socken draußen aus, kocht sich was auf. die beiden unterhalten sich über die strecken, die hütten, die verschiedenen wege – niemand versteht, warum ich den umweg über die rävfallsstuga nach ammarnäs gehe. dabei ists kein umweg, sondern der ausgezeichnete kungsleden – sie gehen 1 abkürzung.
plötzlich brechen beide auf. + wie sie gekommen sind: müde, durchnässt, schwarz angezogen, verlassen sie, nur etwas aufgewärmt+gesättigt die hütte: müde, durchnässt, schwarz angezogen. ich lache mit ihnen, als es drum geht, was ich tun würde. ich kann noch nicht weiter. ich muss weiter nachdenken drüber, was mir passiert, was geschehen + warum, was ich tun könnte. als wir uns verabschieden, bleibe ich wie 1 feiger schwächling mit meinem dach überm kopf zurück.
deutsch
die schwed*innen wachsen mitm land auf. sie gehen von kindesbeinen an diese wege, frühstücken im niesel (wie ich noch sehen werde), spielen im regen, laufen übers fjäll bei jedem wetter. du kannst hier nicht aufs schöne wetter warten. bis es kommt, bist du verhungert. es lohnt sich nicht. nimm alles so, wies ist. wehr dich nicht. geh mitm wind.
ich winke ihnen zum abschied, dann packe ich meine matte aus + meinen schlafsack + lege mich hin. man darf hier nicht übernachten, aber ich bilde mir ein, es wäre kein wirkliches bett, dass ich mich hier bereite, ich wolle nur ruhen, so lange, bis ich wüsste, was nun zu tun. + draußen prasselt der regen unablässig gegen die scheiben + hört nie mehr auf. ich komme hier nie wieder weg.