st. olavsleden 2022 (tvärtom) 25/27

st. olavsleden

trondheim – sundsvall, 650 km

tag 25: fränsta – stöde (14.9., 27,3 km)

aufwachen in fränsta

am abend wird der ort so weit zurückliegen, dass ich mich kaum erinnere, wo ich losging. nicht das 1. mal.

ich putze die wohnung nicht so penibel wie in grimsän, lege noch 20 sek hin für die jordgubber. vom einkauf gestern hab ich den rucksack voll, obwohl ich gleich in torpshammer an 1 markt vorbeikomme + notfalls noch 1 in stöde hätte – zu dem ich heute nicht mehr hinkomme, aber brauchen tu ich ihn auch gar nicht. 

ziehvögel

ich schleiche mich etwas aus der wohnung, weil ich britt-inger nicht stören will. gerade noch habe ichs im flur kruscheln+klackern hören, ich glaube, sie hat die tür aufgesperrt. vielleicht sind wir uns bisschen ähnlich. später wird sie mir 1 sms schreiben + nochmal sagen, wie gut ich schwedisch spreche, besser als viele, die sonst so in den stugas im sommer arbeiten + dass ich leicht arbeit finden würde. die sms wurde über 1 messengerdienst geschickt + kommt 1 tag später an, als sie abgeschickt wurde, ein bisschen wie 1 elektronische post, 1 richtige.

ich ziehe die regenhose an+aus

immer, wenn 1 schauer kommt, schlüpf ich schnell rein, dann geht er vorüber, ich zieh sie aus. gegen halb 5, als ich doch noch 1 schleife drehe, statt den kürzesten weg zur unterkunft einzuschlagen, fängts an zu schütten. noch nicht so heftig, wies sein könnte + wies morgen wird. aber mit gegenwind reichts. 

ich gehe die schleife nur, weil ich mich vorher verlaufen + jemanden nach dem weg gefragt habe. gerade noch war ich am waldrand richtig, dann hab ich mich beim nachdenken übers bilanzieren der wanderung verfranst. heute, morgen + übermorgen. das sind die letzten 3 tage. unvorstellbar. ich halte vorträge im kopf über die pilgerung daheim im wirtshaus beim dorfabend. ich kanns nur damit erklären, dass ich an so vielen dörfern + gemeindehäusern vorbeigekommen bin mit der erinnerung an die diaabende von katholischen weltreisenden in der stumm.

auch mal 1 abkürzung nehmen 

1 traktorfahrer kommt querfeldein dahergefahren + sieht mich von weitem herumirren, er wird langsamer + bleibt stehen, stellt den motor aus, um mich zu verstehen. er erklärt mir, dass ich nicht zurückgehen muss, um wieder auf den weg zu stoßen, sondern unten an der hauptstraße mich nur rechts halten soll. er sagt nicht, dass ich über 1 privaten hof mit hofhund muss, aber da denkt er wahrscheinlich gar nicht dran, weil er alle kennt + keine*r bellt, wenn er kommt. + ich werde immer dran denken, wie hochmütig ich vorm ende der reise von der reise berichtete im kopf, während ich mich verlief. 

die hände krampfen beim schreiben

der tag gleitet in meiner erinnerung ohne hängenzubleiben durch. als ich natascha fotos schicke, bin ich schon 30 km weit weg. ich mag jetzt ankommen. anhand der bilder gehe ich den weg nochmal nach. 

der volle apfelbaum vor dem verfallenen haus beim rausgang aus fränsta. die leere bierflasche, die ich nicht bis zum supermarkt zurückbringen mag, aber auch nicht irgendwo stehen lassen kann, trage ich zum nächsten abfalleimer, wo ich sie daneben stelle – an der bushaltestelle, vielleicht keine so gute idee. aber nun ja. der verhangene himmel + das wissen, ab jetzt wirds nur noch regnen. + dass der regen dazugehört zum ankommen. um ankommen zu können. um nicht weitergehen zu wollen. der himmel hilft mir, 1 ende zu finden. 1 loch in den wolken, wohinters blau schimmert, spricht laut mit mir. halte durch.

die pausen werden kürzer, sofern kein unterstand dabei ist, dehnen geht in der regenhose nicht ganz so gut. zwischendurch trinke ich die „etwas länger haltbare“ milch mit dem „schnell essen“ aufkleber wegen des kurzen mindesthaltbarkeitsdatums aus. bewohner*innen haben wieder bänke aufgestellt zur rast + vila. 1 hat trinkwasser herangekarrt + seine swish-adresse für 1 monitäres dankeschön hinterlassen. die gläser sind voller heruntergefallener kiefernnadeln. an 1 anderen gebäude hängt 1 schlauch mit zugang zum trinkwasser. 

neben den schön im vorgarten platzierten verrosteten oldtimern haben leute auch zwischendurch mal ihre rostlauben unters waldlaub gekippt – nicht zu übersehen. es gibt auch hier einige hansis … die erinnerung ans dorf mit seinen schrägen einzelexpemplaren, dies in der stadt in der masse gibt, wie der arbeitslose alkoholabhängige, der arbeitsverweigernde selbstständige, der mann mit der psychischen erkrankung, der mann mit der geistigen beeinträchtigung, dessen garten voller öl alter autos lief. 

auf 1 hängebrücke hangele ich mich schwankend voran + versuche, fotos zu schießen. 1 mann geht mit festem schritt an mir vorbei + bringt mich zum schaukeln. 1 großen schauer harre ich im supermarkt aus, wo ich mir 1 proteinshake geholt habe + 1 pistazienbulle mit 1 neongrünen füllung. nicht zu empfehlen! sie schmeckt, wie sie aussieht. versuche 1 megawolke in verschiedensten momenten ins bild zu kriegen, kürze die strecke an 1 stelle ab, wo ich statt runter zu 1 freizeitheim weiter auf der höhe mit ausblick bleibe. nehme kontakt mit schafen hinter zäunen auf + versuche 1 zug zu fotografieren. 

in 1 unterstand ändere ich die ankunftsunterkünfte. ich storniere die hütte in selånger, weil ich genug angefüllt von begegnung + der kontakt mir plötzlich stressig erscheint, das viele hin+her wegen verpflegung + das englisch, das nicht auf mein schwedisch reagiert. vielleicht ist es auch die richtige reaktion, ich weiß es nicht. auch mal was stornieren, wenn das gefühl nicht stimmt. ich buche 1 scandic als belohnung in sundsvall, das mich enttäuschen wird, aber nur, weil ich mir einbilde, dass ich für das geld, das ich eigentlich nicht habe + ausgebe, um etwas besonderes mir zu gönnen, auch dementsprechend belohnt werde. falsche voraussetzung für alles. mache ich nie wieder. entweder gibt man geld aus oder nicht, aber bitte keine falsche erwartung! bei angehender enttäuschung gleich noch was anderes draufkaufen. (auch schlecht, gerade für essgestörte, da das eigentliche verlangen niemals durch kalorien gestillt werden kann.)

es wird die strecke mit den schönsten bildern ohne sonne. die wahnsinnsstiere, die sich mir begegnungsbereit entgegenstellen. die grandiose weiße brücke. das långhuset in viskan, das aus 3 einzelhäusern zusammengebaut zu einem 70 m langen gebäude wurde, das hotel+post+shops enthielt, bis es schließlich zu 1 bekannten filmkulisse wurde. 

ich komme so nass+müde wie bisher noch nie an der unterkunft an, suche noch nach dem schlüssel, um den sambo von anna im haupthaus nicht fragen zu müssen, aber da fährt die wirtin gerade in den hof. sie erinnert mich an meine wirtsschwester + wir plaudern kurz über wetter+weg. sie hat den kühlschrank vollgepackt für das frühstück + ich soll nehmen, was ich brauche + mich melden, falls mir was fehlt. es gibt keine marmelade, aber deswegen kann ich nicht stören: weil sonst ist ALLES da, sogar 1 kompletter obstkorb!

mit dem apfelmus esse ich meine letzten pfannkuchen, die ich noch durchgeschleppt. ich habe kaum gewicht eingespart durch aufbrauchen der täglich benötigten dinge wie zahnpasta, medikamente, kontaktlinsenmittel, weil ich einfach alles mit pancakes, smoothies + shakes aufgefüllt habe. ich lerne es nicht. vielleicht ist aber auch der wasserhaushalt etwas gestört, lustig, weil vorher wars trocken + ich trank nur wasser; jetzt, wos regnet, kaufe ich flüssignahrung. 

endlich wlan + letzte recherche für die zeit nach der wanderung. alles, was ich will, ist schlafen + netflix kucken, nicht mehr hinaus gehen. die schwester wird sagen: ist doch ok, du brauchst vielleicht auch einfach 1 pause von dir selbst. nach 3 monaten intensivbeobachtung +auseinandersetzung. am ende bin ich, nachdem ich wieder am anfang war mit 5 tagen im voraus gebucht, wieder dort, wo ich hinkam: heute + morgen weiß ich, wohin, übermorgen such ich noch. langsam verschwindet auch die abneigung gegen die zivilisation, die zwischendurch bei zu viel hauptstraße ganz aktiv in mir rumorte. 

  • was alle haben: kehrichtbesen mit stange+schaufel ohne bücken

(wie) bereitet man sich auf das unvorhersehbare vor?

https://www.kaschpar.de/2023/01/12/wie-bereitet-man-sich-auf-das-unvorhersehbare-vor/