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Wenn Sorgen, die ich mir mache, wenn ich davon höre, dass Infektionen nicht nur Emotionen wie Angst, sondern auch Ekel auslösen können,1 durch nähere Recherche über Emotionstheorien erst verunsichert, weil es schon immer Streit darüber gab, inwiefern Emotionen Kognitionen zugrundeliegen,2 dann durch neueste Hirnforschungserkenntnisse entkräftet werden, da bereits vor der Beteiligung des Großhirns eine unbewusste Bewertung und Einschätzung von Reizen als neu/bekannt und harmlos/bedrohlich abläuft, was das vegetative Nervensystem in Alarmbereitschaft setzen kann3 – bis sie schließlich erneut auftauchen, weil sich Leute wider besseren Wissens ekeln – ob sie es wollen oder nicht.


  1. Wer die Regeln verletzt, bestimmte Grenzen überschreitet, kann Ekel erzeugen. Dass dieser moralische Ekel dem vor Krankheitserregern sehr nahe kommt, zeigen Studien. […] “Gesellschaften, in denen es wenig Infektionsmöglichkeiten gibt, da ekeln sich die Leute etwas weniger und die sind tendenziell offener.” Das zeigen Studien. Demnach seien Menschen in solchen Gesellschaften tendenziell extrovertierter und offener für neue Erfahrungen. “In Gesellschaften, wo das nicht der Fall ist, wo die Gefahr sehr groß ist durch die Infektion durch Keime, durch eine gefährliche Umwelt, da ist es die Tendenz stärker, sich gegen alles zu wenden, was potenziell eine Infektion darstellt.” Deshalb seien Menschen in diesen Gesellschaften häufig restriktiver. Zum Beispiel, was sexuelle Beziehungen betrifft. “Das reflektieren die Leute nicht. Sie wissen nicht, dass das der Mechanismus ist, der dem zugrunde liegt. Aber es ist sehr wahrscheinlich, dass das da eine Rolle spielt.”
    Von Das Wissen | SWR: Ekel – Wenn die Abscheu Körper und Denken beherrscht, 25. Jan. 2024
    https://podcasts.apple.com/de/podcast/ekel-wenn-die-abscheu-k%C3%B6rper-und-denken-beherrscht/id104913043?i=1000642794643. O-Ton Philipp Hübel, Philosoph ↩︎
  2. Das Erscheinen fast jeder neuen Emotionstheorie führte zu Auseinandersetzungen hinsichtlich des Verhältnisses ihrer materiellen (bzw. physiologischen) und ideellen (bzw. kognitiven) Anteile. Eine der letzten Auseinandersetzungen war die Kognitions-Emotionsdebatte, die von Robert Zajonc ausgelöst wurde, indem er gegenüber Lazarus behauptete, dass es auch Emotionen gebe, denen keine (kognitive) Bewertung zugrunde liege (z. B. Ekel).
    Marc Galliker, Uwe Wolfradt: Kompendium psychologischer Theorien. Suhrkamp 2015. ↩︎
  3. Aus heutiger Sicht scheint die Debatte eher eine Debatte um Def. zu sein. Es gibt aus der Hirnforschung Hinweise darauf, dass bewusste Bewertungen, an denen das Großhirn beteiligt ist, von solchen zu unterscheiden sind, die ohne Beteiligung des Großhirns ablaufen und somit unbewusst sind (LeDoux, 1996). Die unbewusste Bewertung besteht in der Klassifikation von Reizen als neu oder bekannt und als bedrohlich oder harmlos. Das Ergebnis dieser unbewussten Bewertung kann bereits das hormonelle und das vegetative System (Nervensystem) beeinflussen, bevor die Information das Großhirn erreicht hat. Damit können z. B. physiol. Komponenten (Physiologie) von Emotionen ohne bewusste Kognitionen auftreten.
    https://dorsch.hogrefe.com/stichwort/zajonc-lazarus-kontroverse ↩︎