wilmersdorf-ringenwalde: die quelle von (z)ucker+mark

theme gallery

ĂŒbersicht

wilmersdorf-ringenwalde 04/2024, 20 km

notes to myself:

  • on my way to wilma feuerstein wilmersdorf
  • 1 begegnung im zug, die ich die nĂ€chsten wochen ĂŒber immer wieder erzĂ€hlen werde, wobei ich versuche mir bewusst zu werden, was da eigentlich passiert ist: ich beobachte 1 jungen mann mit glatze + 1 tĂ€towierung aufm handrĂŒcken, der 1 andere person, die kein deutsch spricht, nach ihrem ausweis fragt. vorhin scheiterte die schaffnerin an der frage nachm ticket + hat sich entfernt, jetzt stehen die beiden mĂ€nner im vorderen bereich + ich brauche ein bisschen, bis ich verstehe, was da passiert, ohne es zu verstehen. der glatzköpfige mann geht auf+ab, schlĂ€gt ab+zu mit den hĂ€nden gegen die borde, ich vermute, er ist angetrunken oder steht unter drogen. die andere person kramt im rucksack + versteht einfach nicht, was der von ihm will. police? fragt er nein. nein, nicht police. mit 1 zerknitterten zettel in der hand geht der glatzkopf zu seinem sitz zurĂŒck, um seine tasche zu holen. hat er ihm jetzt da was entwendet? ich beobachte beide, bis der glatzköpfige mich bemerkt, er zieht den anderen durch die automatiktĂŒr in den anderen waggon. ich werde unruhig, was tut er da? ich sehe mich um, viele leute fahren selbst morgens um halb 5 uhr mit im zug, sie schlafen aber alle. oder tun sie nur so? niemand scheint die beiden zu bemerken. in meinem kopf entspinnt sich 1 geschichte. ich sehe opfer+tĂ€ter + macht+spiel = gefahr. hinter der tĂŒr sprechen sie miteinander. 1 anderer schaffner geht vorbei, es interessiert ihn nicht. ihm fĂ€llt nichts auf. oder ignoriert er alles? ich bilde mir ein, in angermĂŒnde stiegen sie aus. aber kurz danach kommt der nicht deutsch sprechende wieder zurĂŒck. ich stehe auf + gehe auf ihn zu, er will mich durchlassen, hinter der automatiktĂŒr sitzt der wie ich ihn nenne nazi. ich versuche ihn auf spanisch anzusprechen, englisch, sogar schwedische happen packe ich aus. französisch kann ich gar nicht mehr, aber parlez vouz français krieg ich noch hin. keine chance. ich versuche ihm mit fingerzeig auf mein auge + handauflegen auf meine brust, dann sanftes handauflegen auf seinen oberarm vorsichtig klarzumachen, dass er auf sich aufpassen soll. te preocupes. mira pĂ„ dig. ich bin so aufgeregt, dass ich die sprachen durcheinanderbringe. er checkt nichts. ich schiele zum nazi, der auf der ablege abgestĂŒtzt halb sitzt + mich mustert. ich nicke dem, dessen sprache ich nicht spreche, nochmal zu. dann gehe ich zurĂŒck auf meinen platz. hab ich jetzt genug gemacht? die nĂ€chste station muss ich raus. ich denke, wĂ€hrend ich meinen rucksack nehme, dass ich in die andere richtung ans ende des zuges gehen werde. als ich am ende meines waggons ankomme, stelle ich fest: ich bin schon am ende, ich kann nicht weiter fliehen. ich gehe hinunter zur tĂŒr + baue mich auf, lasse mein insektenspray noch aus der tasche spitzen wie 1 potentielles reizinstrument. da kommt der nazi. er ist ausm anderen waggon durch die tĂŒr, durch den gesamten waggon bis ans ende, stellt sich hinter mir auf. ich rĂŒhre mich nicht. ich klopfe nur mit dem herzen. als der zug hĂ€lt, steige ich aus. der junge steigt hinter mir aus, es ist kein mann, es ist 1 junge, ich bin doppelt so alt. der bahnsteig ist nur 1 schmale an den seiten gepflasterte grasbank. außer uns beiden steigt niemand aus. fĂŒr den moment ĂŒberlege ich noch, zurĂŒckzuspringen, im nĂ€chsten moment sehe ich mich unter den gleisen liegen, im 3. moment fĂ€hrt der zug ab + ich gehe weiter, hinter mir der andere, morgens um 5 in brandenburg. ich hole mein handy heraus + fotografiere das abgewrackte bahnhofsgebĂ€ude, der typ geht an mir vorbei. ich fotografiere noch die gleise, nochmal das gebĂ€ude, schiele den weg entlang, da steht der nazi + schaut die fahrplĂ€ne am bushĂ€uschen durch. ich muss da vorbei. beim fotografieren fĂ€llt mir die videokamera am bahnsteig auf. ich denke an kameras im zug. an handyortungsdaten. an die gesichter der schaffner*innen. ich stecke mein handy ein. zerre den rucksack fest. ich gehe auf ihn zu, ohne ihn anzusehen, an ihm vorbei. dann fange ich an zu laufen. also zu joggen, ganz ruhig in gemĂ€chlichem tempo, um die ecke. dann ist plötzlich alles vorbei + es ist nichts passiert. oder? wartet er auf seine freunde, die ihn abholen, dann fahren sie mir hinterher? habe ich mich zur zielscheibe gemacht? ist er gar kein nazi, sondern 1 freundlicher junger mann, der gerne aggressiv auf plastik haut + fremde leute nach personalien befragt? will er nur helfen? ich verlaufe mich, kriege schiss, wortwörtlich, laufe am feldrand entlang, beschreibe 1 bogen, der fast zum bahnhof zurĂŒckfĂŒhrt, laufe weiter, im rĂŒcken der sonnenaufgang + die ausschau nach 1 auto voller glatzen. wie viel davon passiert in meinem kopf? wie viel der geschichte ist real, auch die realitĂ€t der anderen? warum tut der schaffner nichts? warum frage ich nicht jemanden? warum wecke ich niemanden auf? warum kann ich mich nicht umblicken, ohne ausschau zu halten? ich schieße 1 bild vom sonnenaufgang + poste es instamĂ€ĂŸig ungewöhnlich fĂŒr mich ĂŒber whatsapp an die menschen, die dort meine nummer teilen, damit sie wissen, heute war ich noch hier. es könnte ja alles bald schon vorbei sein. zumindest hab ich noch zivilcourage gezeigt. ach ja? war das mut? oder 1 einmischung? aber es ist nicht vorbei. ich werde den typen nicht los, diesen typen in meinem kopf. er lĂ€uft hinter mir her, die gesamte strecke, er fĂ€hrt an mir vorbei in 1 jeep, wo hinten 1 totes reh drin liegt, er ist der jĂ€ger, der gerade 1 guten morgen hatte. er sitzt in dem auto, an dem ich vorbei muss. in diesem haus. er wohnt hier irgendwo. er kommt die kreuzung hoch. er wartet am bahnhof. er sitzt an der bushaltestelle, wo ich in den bus in die entgegengesetzte richtung fahre, weil ich nicht warten kann auf den nĂ€chsten zurĂŒck richtung angermĂŒnde. ich fahre nach templin + checke die fahrplĂ€ne von wilmersdorf, wodurch ich erfahre, dass morgens um 5 da nichts fĂ€hrt, was die frage eröffnet, warum man da aussteigt. von templin weiter nach oranienburg. von dort mit dem ersatzbus weiter bis zum nĂ€chsten bahnhof. von dort ins fitnessstudio zum duschen. ich lege mich auf die sonnenbeschienene liege nach der sauna. dann steige ich in den falschen bus nach hause. steige aus + wieder um, wo derselbe tattoobusfahrer sitzt, der genauso aussieht wie … ich bemerke, dass ich wieder im falschen bus sitze. im gleichen, nur in der anderen richtung. ich muss wieder aussteigen. ich bin irgendwo in pankow. ich brauche 1 halben tag, bis ich daheim bin. da wartet der typ. in den bildern, die ich ansehe. in der strecke, die ich gelaufen bin. ich poste ein paar bilder + schiebe die tour in den speicher. das wochenende darauf fahre ich in den sĂŒden. ĂŒberall treffe ich ihn. brandenburg ist plötzlich voller nazis. voller afd-wĂ€hler*innen. voller gummistiefel=ampel-aufhĂ€nger*innen. ich fahre mit dem vorurteil hinaus, das man mir ĂŒber meine tattoos hinaus in den augen ansieht: ich traue euch nicht. ich schließe mich ab + kriege rĂŒckfĂ€lle, 1 nach dem anderen, ich nehme alle kilos wieder zu, das cholesterin kommt zurĂŒck. ich packe mich in watte. “ich packe meine koffer + nehme mit: 1 zweite haut”. 1 dickes fell. perhaps a pelz. 1 dicker fetter pelz. der alten zahnarzt richtet meine fĂŒllungen + spritzt mich taub. er sagt: Sie mĂŒssen nichts aushalten. ich weine fast, weil ich bis ins mark diese kindheitstraumata mit mir herumtrage, die er mit betĂ€ubt. die soll ich jetzt loslassen, sagt er. den zahnarzt, der mich anschreit, dass ich den mund aufmachenn soll, wĂ€hrend die mutter ratlos daneben sitzt + sich fĂŒr mich schĂ€mt. die kinder, die mir die haare abschneiden im bus, mit bĂŒchern auf meinen kopf einschlagen. das in die hose machen bei jeder gelegenheit aus angst angst angst. die drohung+einschĂŒchterung, unter der ich aufwuchs, fĂŒr die ich 1 sensomotorik entwickelt habe: wenn ich was spĂŒre, ducke ich mich. fiktive horrorfilme sind nur halb so schlimm wie 1 erlebte vergangenheit: true story. ich bin jemand anders schreibe ich mir auf + packe ein bild dazu, wo ich so aussehe, wie ich gerne wĂ€re. jetzt sehe ich es an, 10 kg schwerer nach nur ein paar monaten + frage mich, wer diese person ist. wer bin ich? wer kann ich sein? heute, mehr als 2 monate spĂ€ter, fange ich an, das aufzuschreiben, werde die bilder bearbeiten + diese tour beenden. ich werde sie loslassen. weil ich es kann. das 12-schritte programm der anonymen alkoholiker*innen, die auch von anonymous overeaters + anderen ĂŒbernommen wurde, fĂ€ngt mit dem satz an: ich gebe zu, dass ich machtlos bin gegenĂŒber … das schlimmste, was uns passieren kann, ist das gefĂŒhl, machtlos zu sein. das genau passiert in 1 trauma. man ist hilflos ausgeliefert + kann nichts tun, daher ist es spĂ€ter so wichtig, ĂŒber alles die kontrolle zu kriegen. aber weil das nicht geht, scheitern wir dauernd in unseren sĂŒchten daran. wir scheitern im kontrollverlust + geben der sucht nach, weil es nichts besseres gibt, als loslassen. dann reißen wir uns wieder zusammen + nehmen wieder alles in die hand. in diesen extremen steigen+fallen wir von tag zu tag, bis wir vielleicht irgendwann zusammenbrechen. bis wir erkennen, dass es nicht funktioniert. dass die balance von extremen nicht möglich ist. bis wir unsere mitte finden. die nicht hungert oder sie kotzt. die nicht lĂ€uft bis sie umfĂ€llt oder herumliegt, bis ihr alles wehtut. die mitte sitzt. + sie sitzt noch im tod. bis sie aufsteigt + ein+vergeht.
  • die mĂŒcken, die straße, der dreck, 2 kraniche, frĂŒhlingsglockenblumen, der dezimierte weil beklaute mythengarten, die uckerquelle, an die man gar nicht herankommt, wofĂŒr ich aber die lange tour + die hauptstraße in kauf genommen habe, die unterwĂ€sserten wege des lennĂ©-parks ringenwalde + die friedensgöttin im dorf, an die ich mich erinnere + haferbrei mit heidelbeeren am ende, als ich mich endlich setzen kann.
  • verschiedene aufgeschnappte sĂ€tze:
    • “sehnse!”: der busfahrer nachdem ich hin+her+wedele mitm handy, um das ticket zu scannen bis es laut piept
    • “nehmense platz meine damen”: 1 satz, der wie verloren in dieser geschichte herumsteht, wo ich nicht mehr weiß, wo er herkommt wie das laute “tschĂŒss” in den notizen davor
    • “kannst du rĂŒckwĂ€rts fahren?”: die frage 1 mitfahrers zu seiner begleitung im ersatzverkehrbus von oranienburg zum nĂ€chsten bahnhof, weshalb sich die heimfahrt um 1 weitere stunde verzögert
    • “wer warst du, als du jung warst?”: die frage, die ich mir selber stelle aufgrund der einbildung, wenn man zu frĂŒh 1 diagnose bekomme, werde man die diagnose anstatt die person, die man hĂ€tte werden sollen/sein können, aber wenn man sie lange genug ĂŒberlebt, kann man auch diese identitĂ€t loslassen
    • “kriegt der nĂ€chste, der angerannt kommt. man hilft ja gerne, aber nicht, wenn se so vorbeirennen”: der mann mit der wachturmzeitschrift, die er mir in die hand drĂŒcken will, nachdem die obdachlose person an ihm vorbeigelaufen ist, ohne sein kleingeld anzunehmen

something to read/learn/know + forget afterwards

UckermÀrkischer Mythengarten, Der schlafende Riese

Ein SchĂ€fer fĂŒhrte seine Schafe tĂ€glich den weiten Weg zur TrĂ€nke und fluchte ob seiner MĂŒhsal: „Teufel noch mal!” Der gesellte sich, als JĂ€ger verkleidet, zu ihm mit dem Angebot, fĂŒr seine Schafe einen Ferch zu bauen, in dem immer gutes Futter und reichlich Wasser sei. DafĂŒr sollte ihm der SchĂ€fer ein Schaf geben, so oft er ihm am verabredeten Kreuzweg begegnete. Als der Ferch fertig war, genoss der SchĂ€fer die leichte Arbeit und mied den Kreuzweg.

WĂŒtend beauftragte nun der Teufel einen Riesen. Der sollte dem SchĂ€fer mit seinen Schafen auflauern und in die Hölle schaffen. Der Riese wartete geduldig, doch der SchĂ€fer kam nicht. So sitzt er noch heute, wartet und wartet versteinert.
Mitunter grollt er in seinem ewigen Schlummer. Dann biegen sich hoch ĂŒber ihm die Baumriesen und wiegen ihn in seinen vielhundertjĂ€hrigen Schlaf.

Vom hiesigen Standort aus zweigt nach wenigen Metern in Richtung Neu Temmen ein Trampelpfad nach rechts zum Riesen-Stein, einem gewaltigen Gneisgranit, ab. Er hat eine LÀnge von 2,67 m, eine Breite von 2,08 m und eine Höhe von 3,1 m. Sein Volumen betrÀgt 9,5 m und sein Gewicht 23,8 t.
Der sagenumwobene Stein am Fuß des im Volksmund als Entenberg bezeichneten Hanges ist geotopgeschĂŒtzt. Er liegt im unmittelbaren RĂŒckland der so genannten Pommerschen Eisrandlage.
Bis vor 15.000 Jahren lag hier der Gletscherrand und hinterließ einen mehrfach gebogenen EndmorĂ€nenzug, der von Schleswig-Holstein bis ins polnische Tiefland zu verfolgen und heute als Pommersche Eisrandlage bekannt ist.
An der Stirn zweier großer Gletscherzungen entstanden der UckermĂ€rkische und der Joachimsthaler Bogen. An der Nahtstelle beider Bögen befindet sich heute Alt-Temmen. Die zahlreichen Seen der Umgebung zeugen von den gewaltigen Schmelzwassermengen, die hier gebĂŒndelt unter dem Eis abflossen und dabei tiefe Rinnen schufen.

Quelle: Schild am Mythengarten. Mehr Infos zum Verein (heute: Kulturlinien e.V.) hier.

created this

inspired by this

zitat des tages

Put your trust in me
I walk on water
I feel stronger than I used to
No, my feet don’t touch the ground
I don’t worry any longer 

I went further than before
We don’t need to have fear of going under
Because I can hold you now, anytime
Put your trust in me

Kaleo, I walk on water

take your time

there was no time for standing around + taking a video or sound.


bytheway

I am still going out there. you know. “nimm dir den raum”, sagte die traumatherapeutin. “umarme 1 baum. tanze. halte dich selbst”. das mach ich.