kungsleden (2023) – rakt fram 14/25
tag 14: barturtte – vuonatjviken – tjidtjakválle (13.7.)
unidentified subject
trotz der kälte schwirren die mücken in myrriaden um mich als wärmequelle herum. es ist so kalt, dass ich herumhüpfe, um warm zu werden. da ich gestern so lange unterwegs war, bin ich heute etwas verzögert aufn beinen, um 7 uhr steht mein zelt noch in der landschaft herum wie 1 außerirdisches ufo, das sich im landeplatz vertan.
im hellsten sonnenschein gehe ich 1 halbe/dreiviertelstunde später los. obwohl ich gefühlt so weit weg von allem bin, kommt mir gleich 1 wanderin früh morgens entgegen, mit wirrem haar + schrägem blick. ich grüße sie + mache mir sorgen, ob alles ok ist, spreche sie kurz an + frage nach. sie grüßt nett, aber ist zu beschäftigt in sich drin, als dass sie reagieren kann. bin ich sie? ist sie ich? gehts uns allen so, die wir so lange allein unterwegs, dass wir mehr in uns drin unterwegs als draußen in der kargen landschaft?
ich bin in 1 kneippe aufgewachsen
bei der 1. besten gelegenheit kneippe ich gleich wieder, weils der fuß mir befiehlt. da fliegt 1 schmetterling auf meinen schuh. 1 omen/1 zeichen/1 hint.
der schmetterling ist das rengeweih von gestern. er ist der regenbogen vom skierfe. er ist die libelle, die sich bei den bundesjugendspielen auf meinen arm setzte, weshalb es mir später nicht so viel ausmachte, vorletzte zu werden oder vom lehrer zu hören: „schraml, ich hab gedacht, du wärst gut im sport?!“ ich sagte: „nein, ich doch nicht.“ ich bin die pummlige brillenschlange, katl oid schwatl.
der schmetterling sonnt sich auf meinen schuhen, da muss ich warten wie ich warten muss, wenn sich die katze daheim auf meine brust legt, weil sie bestimmt, wies läuft. ich darf erst aufstehen, wenn sies/ers tut.
karten_material
ich krame die karten heraus + orientiere mich, wo ich bin. im nirgendwo. vor der reise habe ich alles material zuhause ausgelegt, den weg mit rotem (leider wasserlöslichem) stift nachgefahren + alles rundrum weggeschnitten, um gewicht zu sparen, wie ich die fotos ausm reiseführer, den mir die freundin geschenkt, geschnitten+gerissen, um jedes halbe gramm für 1 riegel freizukriegen. jetzt füllt den rucksack vor allem mein restmüll, den ich über die berge trage.
wie man merkt, habe ich keinerlei ahnung vom wandern mit karten. ich habe den kompass gekauft + trage ihn herum, wobei ich froh sein kann, wenn ich norden ablesen kann. ich habe peilen geübt auf gerader landstraße. ich habe von den karten die umgebung abgeschnitten, die ich zum orientieren bräuchte. also musste ich hinterher wieder die wichtigsten stücke mit schwerem tesa drankleben. jetzt lasse ich nach jeder etappe die verbrauchten teuren kartenausschnitte zurück. ich komme nie wieder oder kaufe sie mir neu – was für 1 verschwendung!
„this is water„
der bootstransfer übern riebnes wird von der sámi-familie mit dem fischereiimperium organisiert. wo ich vorher noch angst hatte vor beschreibungen wie: „den bootstransfer organisiert man direkt vor ort + fragt im laden nach“, dass irgendwas nicht klappen würde, sehe ich mich jetzt millionen kilometerweit daheim am schreibtisch sitzen + mir falsche vorstellungen machen von der welt hier. man hat so gar keine ahnung. jetzt weiß ich: wenn ich da hinkomme, wird sich das lösen lassen. es ist wie aufm olavsleden: mach dir nicht so viele gedanken+sorgen vorher, das regelt sich schon.
zum riebnes gehts erst 1x über die ausläufer vom bartávrre. lauter kleine seen+inseln+brücken+flüsse – kurz: wasser ohne ende. hier ist das fischparadies, überhaupt 1 paradies. man könnte bei den sámi übernachten, aber ich werde mal sehen, ob ich heute noch auf die andere seite rüberkomme. ich bin übers gröbste der etappe weg, über die weitabgelegensten gebiete. morgen könnte ich schon in jäckvik ankommen, am ende dieser etappe. ich habe die hälfte der tage hinter mir, ich bin seit 2 wochen unterwegs. unglaublich! das stück, vor dem ich am meisten angst, die in respekt umgeschlagen ist, hatte, ist schon fast wieder geschafft.
schokoladenshopstop
in vuonatjviken ist reger betrieb, als ich ankomme. der shop ist geöffnet + es gibt 1 gefriertruhe mit steckerleis, kühlschränke mit bier + regale voller chips+schokolade. ich komme mir vor, als wäre ich durch die wüste gewandert + hätte 40 tage lang gefastet, als ich mit eis+bier+chips ausm laden komme + mich in den unterstand am strand setze, wo schon 1 älterer wanderer sitzt + aufn bootstransfer wartet. der letzte ist gerade hinüber, wir haben jetzt ein paar stunden wartezeit hier.
er hat den kocher ausgepackt, um sich was zu brodeln. ich schlecke die zerfließende zuckersahne + steuere mit bier+salz gegen: auf+ab. wir kommen nicht ins gespräch, weil ich nicht herauskriege, was er für 1 sprache spricht. er fragt mich, was hier, kurz vor jäckvik, rodled heißt, auf deutsch mit schlimmem akzent. ich antworte auf englisch: das sei der 300 m weg, den man rudern müsse: ruderweg. neben den ungewissen bootstransferplanungen 1 der schwierigsten unterfangen, die mir im vorhinein kopfzerbrechen machten – er liests wohl erst jetzt.
dou de niad o (bayerisch: tu dich nicht ab = sorge dich nicht)
bevor ich auf so 1 erlösenden gedanken komme wie „es wird sich alles schon (er)geben“, zerbreche/martere ich mir erstmal schön monatelang den kopf. dauernd dreht sich alles ums stück, das ich rudern müsste, wo ich doch nie gerudert bin. ich mache mir so lange+viele sorgen, bis irgendwann 1 erinnerung hochploppt, die ich zusammen mitm ganzen wochenende, wos war, in den kopfpapierkorb gesteckt hatte, ohne „die gelöschten elemente endgültig zu löschen“.
es handelt sich um 1 wochenende an der müritz mit hausbooten – 1 familientreffen des exfreundes, das ich mitgemacht habe wie die vorstellung beim schwieRIger vater in spe mit der neuen frau in 1 hotelbar oders weihnachtskochen, bei dem alles fleisch von g. kaputt ging + meine aubergingenpastete mit „auberginen sind seltsam geschmacklos nicht wahr?!“ bewertet wurde, woraufhin ich beschloss, dass ich keine beziehung mehr möchte, wo man 1 qualitätsstandardprüfung im familien+freundeskreis oder bürgerliche etepeteteabendessen absolvieren muss.
das hausbootfahren habe ich v.a. deshalb gelöscht, weils 1 ungewohntes, fast unzumutbares rundumdieuhr aufeinanderhocken auf kleinstem raum auf offener see bedeutete – also ohne fluchtmöglichkeit. das gute daran: wir schleppten kleine plastikboote mit + plötzlich ploppt also diese erinnerung auf, wie ich in 1 der boote sitze + 1 cousine des exfreundes über die müritz schippere. ich bin mir nicht mehr sicher, obs wirklich so war: aber jetzt erinnere ichs so + weiß auf 1x: ich bin ja schon mal gerudert – na, das kann ich doch!
I brems!
während ich mir das so durchn kopf gehen lasse, die beine hochlege + wegnicke, kommt 1 bremse daher + sticht mich ins rechte augenlid. ich sehs (haha) erst gar nicht, ich merks erst, als ich im utedass, das ungewohnt mit spray+spiegel bestückt, mein ebenbild sehe, das früher mal ich war. neben dem sonnenbrand auf gesicht+brust, 1 neuen schramme auf der nase, die ich bisher noch gar nicht bemerkt + keine ahnung habe, wann+wie ich mir diese zugezogen, ist jetzt also auch das lid angeschwollen + droht, das auge zu verdecken. das wär ungünstig. ich schmiere fusidinsalbe drauf.
dagegen sieht die wunde am finger schon wieder ganz gut aus, nur vielleicht, als würde sie unter der festen schicht, die sich gebildet hat, eitern. antibiotische wundcreme. und was sind das für kleine krater auf der haut? 1 pilz? 1 allergie? 1 flechte? wurscht. hauptsache, ich kann die finger bewegen, die tauben. nur nicht reinsteigern + befürchten, sie würden absterben.
an meinem sonnenverbrannten sommersprossigen „ja mei“ ausdruck erkennt man gut, dass ich schon seit 2 wochen in der wildnis unterwegs bin + nichts mehr mich schrecken kann. ich ziehe die sonnenbrille über, als ich zum anleger gehe mit dem fremden, um aufs boot zu warten. da kommt auch das pärchen mit hündchen! wir zeigen uns unsere wunden + erzählen uns, wie wir die letzten tage verbracht. mit uns kommen übers wasser zahlreiche motorboote an, die kind+kegel+kisten voll alkohol geladen haben. alle fahren mit so vielen annehmlichkeiten wie möglich ins paradies. 1 trupp voll riesenquads bringt die ladung in die hütten bzw. zum helikopter, dem fiskflyg.
sprung_haft
auf der überfahrt werden wir wieder schön nass + auf der anderen seite wartet die nächste wander*innengruppe. während das pärchen mit hündchen am ufer bleibt + vielleicht nun das 1. mal endlich angeln kann, steige ich, gefolgt von dem älteren herrn, den nächsten berg hinauf. trotz der langen pause + all dem fett+zucker kann ich mit dem alten mann nicht mithalten, der vermutlich früher leistungssportler war oder immer noch ist. mein kleiner vorsprung, weil ich den einstieg zuerst gefunden, ist schnell vergangen + ich lasse ihn überholen + sehe ihn nie wieder.
hinter uns ziehen die wolken auf + kündigen wieder 1 wetter an. mittlerweile kann ich den himmel gut lesen + einschätzen, wie weit ich noch komme. als die 1. tropfen fallen, bete ich noch ein wenig, ums 1 stück weiter bis zu 1 guten zeltplatz zu schaffen. als ich über die kuppe komme, kriege 1 himmelslichtwolkenspektakel zur belohnung geboten. in den sich türmenden wolken tut sich 1 lücke auf für 1 sonnentrahl, der 1 gnade schickt auf die welt.
*tropf*
am video, das ich von meinen füßen, wie sie laufen, mache, kann ich jetzt sehen, welche komische gehhaltung ich schon eingenommen habe. als ob ich trippeln würde ohne zu trippeln. so wie die alte frau, mit deren mann + ihr wir, die mutter+ich, mal wandern waren, von der die mama sagte, sie käme nicht voran, weil sie die beine nur nach oben nähme, aber nicht nach vorne schwänge. so wie d. exfreundin, die jetzt 1 exfreund ist, die beine immer zur seite so ausschwang, dass er*sie auch nicht vorankam.
das zelt ist in windeseile aufgestellt, nur der trampelpfad zum bach, der die gesamte zeit parallel zum weg lief, entpuppt sich nun als sackgasse. ich brauche 3 anläufe, 2 gekraxel, 1 großes gestrauchel, bis ich die 2l-flasche gefüllt habe. ich kriege den topf gerade noch warm, da tropfts auch schon, erst langsam große flüssige flutscher, zunehmend schneller werden tröpfelts+triefts, dann, als ich schon mitm warmen foodpack im zelt sitze, prasselts auf die plane nieder, die entweder irgendwo 1 kleines loch hat oder durch seltsame verkehrungen in regelmäßigem abstand kleine kalte tröpfchen direkt dort vom innenzelt fallen lässt, wo meine stirn liegt. dass mich das jetzt an loki erinnert, ist 1 dummen serie geschuldet. die lektüre des orginals steht weiterhin aus. erst mal muss ich schlafen.