kungsleden (2023) – rakt fram 0+1/25
tag 0+1: stockholm – abisko (28.-29.6.)
vers_pätung
der zug kommt in stockholm mit 1 stunde verspätung an + verkürzt mir den langen aufenthalt unmerklich. die stadt glänzt um kurz vor 12 uhr in den schönsten blaugelben landesfarben: blauer himmel, gelbe sonne hauswände. wieder 1x kann ich durch die gassen streifen, die für 1 längeren urlaub zu teuer sind. ich gehe mich mit dem gepäck schon mal warm sperre den rucksack ein. in meiner “ich schaue mal wies wird”-version habe ich keine großen rucksackrunden vorher mehr gedreht, weil man aufn brandenburger plattenwegen mit 1 riesenrucksack einfach nur deppert ausschaut. die ganze 1. etappe werde ich mir die muskeln aufbauen, die ich später brauche.
ich habe 2 aufträge zu erledigen:
- bargeld eintauschen, weil ich mich meine zu erinnern, dass es auf den stugas keinen empfang für 1 bargeldloses bezahlen gibt, worin ich mich jedoch täusche, weil in 9 jahren auch im entlegensten fjäll nun 1 kreditkartengerät vorhanden ist, so dass 1 stugvärd (hüttenwirt) sogar, ums mir zu beweisen, dass es funktioniert, das geld in bar entgegennimmt + selbst überweist
- noch mehr schwedische kronen in bar direkt von 1 automaten abheben, weshalb ich später mit 1 packen scheine all denen aushelfen kann, die das mit der kartenzahlung wissen + daher kein bargeld mitgenommen haben wie der junge franzose, dem ich, weil ich selbst ankommen will, den bootstransfer auslege, damit die fahrerin nicht mitten aufm see umdreht, als sies feststellt
jag behöver mucho dinero
ich fange mitm money-automaten an + gehe dann schnurstracks weiter zum wechselgeldgeldwechsel-counter. gerade als ich meine druckfrischen euronoten unter der glasscheibe durchreiche + meinen ausweis zücke, geht 1 alarm los. die panikattacke denkt, ich werde verhaftet, die rolladen schließen sich + die kassiererin hinter der schusssicheren glaswand schiebt schnell die scheine durchn durchreichschlitz zurück + schickt mich hinaus. ich schwitze mein allwetteroutfit durch + hoffe, dass die merinowolle hält, was sie verspricht: geruchlosigkeit auch nach 4 wochen 24 stunden.
bis ich begreife, was los ist, habe ich mit meinen zig taschen, geldbörsen + einkäufen alle hände voll zu tun, ich raffe alles zusammen + fliehe wie alle anderen ruhigen gemächlichen schrittes vor das gebäude, während die durchsage mir erklärt, dass es 1 feueralarm gibt – es liegt also gar nicht an mir.
weil ich befürchte, nicht genügend geld geld geld dabeizuhaben, renne ich die straßen ab bis zum nächsten wechselgeschäft, hebe noch 1 schärflein ab + streune durch 3 cafés, die alle nur kartenzahlung anbieten.
escape
bis ich zurückkomme zum bahnhof, gibts auch nachrichten über das geschehene ohne genauen hinweis, was nun geschieht.
Brand Uppdaterad: 2023-06-28 16:08 Stockholm - Falun Stopp i tagtrafiken mellan Avesta Krylbo och Säter sedan kl. 14:50 på grund av brand. Vi återkommer så snart som möjligt med mer information. Starttid: 2023-06-28 13:53
1 zeile weiter unten wird von 1 olyckshändelse (unfall, unglück) berichtet auf der strecke stockholm – arlanda – uppsala/gävle/sundsvall, also meiner strecke, aber nachdem ich feststelle, dass das bahnhofsgebäude wieder betreten werden kann, suche ich das abfahrtsgleis + weigere mich innerlich – jetzt schon voll im “komme was wolle”-modus, mich fortan mit reisekomplikationen zu beschäftigen. die werden das schon hinkriegen, auch wenn ichs vorher nicht durchdenke.
mit all den schließfächern im bahnhof habe ich mühe, mein fach wiederzufinden, ja überhaupt den bereich, wo die fächer sind, wo mein fach ist. der puls steigt wie immer an bei der suche nach was, was man unbedingt braucht, um weiterzukommen, + das herauslösen mittels kreditkarte ist auch kompliziert, weil unbekannt. 1 japanerin fragt mich um hilfe, als ichs geschafft habe. ich kann ihre rechnung mit meiner karte bezahlen, dafür legt sie mir 1 stapel weiterer barnoten auf meinen haufen drauf + besteht auf die 2 € trinkgeld in schwerer münze, die ich bis zur ankunft in hemavan mitschleppe. ich freue mich, dass ich behilflich sein konnte, wo ich selbst keine ahnung habe. da fühle ich mich gleich jung+weltmännischfraulich.
inkommer strax (fährt bald ein)
nach den 16:08 17:13 h (18:37 – 10:45 11:50 uhr) von berlin nach stockholm kommen nun 17:57 h (18:10 – 12:07 uhr) von stockholm nach abisko dazu. die sitzplätze im sj euronight-abteil wurden von den erfahrenen mitreisenden kurzerhand zu liegeplätzen umfunktioniert; im vytåg geht das leider nicht + irgendwann in der nacht werde ich mich zu alt für den sitzplatz fühlen, aber die schwed*innen zieren sich nicht, sie gehen ja auch im regen wandern, während leute wie ich in schutzhütten ausharren.
in gävle gibts 1 aufenthalt. anscheinend gibts 1 problem mit der lok. die schaffnerin macht witze + der zug lacht – niemand weiß, wanns oder obs überhaupt weitergeht, aber alle sind entspannt. vielleicht bild ichs mir auch ein, weil ich so entspannt bin wie lange nicht mehr. wie lange noch? ich bin schon angekommen + mit jedem meter fahre ich weiter ins land der ewigen dämmerung.
ich habe midsommar knapp verpasst, aber zum 1. mal werde ich lernen, was es heißt, wenn die sonne nicht mehr richtig untergeht (an die paar nächte im august 2014 erinnere ich mich schon nicht mehr). es wird mich stressen, verrückt machen, mir helfen, weil ich nachts gehen kann, um den regen zu fliehen. es weckt 1 sehnsucht nach sonnenaufgang, der nur komplett, wenn vorher 1 untergang da war. so wie die psyche auch nur die wahnsinnigen höhen erklimmt, wenn sie vorher rock bottom erreicht.
noch 1x stehen wir länger in vor kiruna, weil wir um 11:05 uhr erwartet werden, aber schon 10:39 uhr da sind. vor+in+nach kiruna siehts so aus, als hätten sie große steinhaufen aufgeschüttet, wo sie schilder+häuser draufsetzen + es 1 stadt nennen. es erinnert mich an 1 golden valley, von dem ich ebenso wenig = ingen aning (keine ahnung) habe. später wird mir die schwedin von kiruna erzählen, das sie wegen des bergbaus einfach verlegen, und von dem projekt, die gesamte kyrka (kirche) in 1 stück mit zu versetzen. es kommt mir vor wie 1 großes gemeinschaftsprojekt, das zusammenhalt+identität stiftet in 1 gegend, wo von september bis juni schnee fällt + im advent keine sonne aufgeht.
der sound des nordens
obwohl ich tagelang wegen der regenvorhersage gezittert habe, kann ich jetzt wieder behaupten: solen går med mig (die sonne geht mit mir). es ist herrliches wetter, als wir in abisko am geburtstag der schwester ankommen. die 1. tränen drücke ich, wenn auch etwas gewollt, beim anblick der schneebedeckten berge aus.
die bilder, die ich gesehen habe, stimmen alle: der eingang zum kungsleden ist genau so, wie erwartet + 1 audioinstallation begrüßt mit 1 traditionellen sámi-joik die anreisenden.
beim aussteigen laufe ich in größerem abstand hinter 2 herren mit megarucksäcken hinterher, von denen ich später erfahren werde, dass sie kein pärchen sind. einem von ihnen ist jetzt der rucksackk schon zu schwer + ich frage mich, was ich noch abwerfen kann, damit ich unter den 15 kg bleibe (dann kaufe ich natürlich im shop noch ein.)
beim check-in der nächste versuch, schwedisch mit einheimischen zu sprechen: das mädchen fragt mich, ob ich schon früher hier war + ich verstehe, ob ich schon früh gebucht habe: ja, im april. meistens merkt mans am gesicht, dass irgendwas nicht stimmt in der kommunikation.
alles ist 1 challenge
ich bin noch voller guter dinge + fange an, mich auf die probe zu stellen, z.b.: mittagsbuffet. wo gibts das, wie läuft das, wo zahlt man, was kriegt man, wo sitzt man, wie machens die anderen, die in großen gruppen angereist sind? bevors morgen in die wildnis geht, hier nochmal schön alle köstlichkeiten der zivilisation mitnehmen: lunch + bananenbrot + snacks vom shop.
ohne rucksack genieß ich auf 1 extrarunde ums haus bei strahlendem sonnenschein die severdhäter (sehenswürdigkeiten), die dame im gränsförsvarsmuseum (grenzverteidigungsmuseum) erklärt mir im verständlichsten lehrschwedisch die ausstellung + fragt mich wie 1 schülerin ab, was ich über den weg hier wisse, der an der eisenbahn entlangläuft. ich denk natürlich: 1 fußweg für die wander*innen. anscheinend weiß ich nichts, denn ich erfahre, dass es vor dem bergbau hier nichts gab + das 1., was gebaut wurde, 1 materialweg war, auf dem zuerst die sámi mit ihren schlitten fuhren, später das material für die eisenbahnlinie transportiert wurde.
das inventar zum krieg interessiert mich nicht, obwohls zum größten teil aus dem von unseren vorfahren verschuldeten 2. weltkrieg stammt. stattdessen klaue ich 1 stück schwarzes erz, das in massen zu anschauungszwecken herumliegt. ich bin erstaunt, wie schwers ist + später nicht sicher, obs einfach nur kohle.
count down
draußen versteht man, wie die leute hier umgehen mit der natur, wenn man das riesige loch im felsen betrachtet, das von hand angelegt wurde, um den flusslauf zu versetzen. es sind andere dimensionen. ich trinke meine dose cider auf 1 felsen in der sonne am fluss + knabbere die salznüsse dazu, von denen ich im laufe des weges abhängig werde: alkohol+salz+zucker sind die stoffe, aus denen mein körper die nächsten 4 wochen alle energie motivation ziehen wird. und konservierungsstoffe natürlich, die die trockenmahlzeiten für jahre haltbar gemacht haben.
im zimmer treffe ich die letzten vorbereitungen:
- letztes/erstes restewegwerfen (jeden tag 1 bisschen weniger aufm rücken haben – ungerechnet der neueinkäufe):
- übrige zettel+pläne wegwerfen
- leere/gelesene buchseiten abreißen
- + als gings um mein leben, versuche ich mit dem taschenmesser die eh schon leichtgewichtige bambuszahnbürste noch schnell zu kürzen – ich säbele das material heiß, aber am ende schaff ichs + ich fühle mich besser
- runterladen+prüfen aller karten+strecken:
- die händischen fjällkartorna + kompass prüfen + missvisning (deklination) einstellen – der kompass zeigt erst mal in 1 andere richtung als alles andere + am ende stelle ich gar nichts ein
- akkus aufladen (handy, uhr, powerbank)
- ruhen
ich buche mir die nächste unterkunft beim kebnekaise
stor flod (große flut)
zur motivation gehört auch, sich die strecken abwechslungsreich zu gestalten. also mal im zelt, mal in der hütte, mal im hotel zu übernachten, soferns halt 1 gibt. die kebnekaise-fjällstation sollte da eigentlich dazugehören, abers ist keine buchung möglich. was ist passiert?
die flut hat das pumphuset (pumpenhaus) weggeschwemmt. das abwassersystem ist kaputt + duschen+toiletten sind abgestellt. schnell wurden 5 bajamajor (dixiklos) aufgestellt, um das notwendigste zu versorgen. im fluss kann man baden + die sauna ist offen. mitm wasser zum zähneputzen + geschirrwaschen solle man sparsam sein. das restaurant arbeitet anscheinend ohne störung + serviert frühstück, mittag+abendessen. man rechnet für die reparatur 2 monate.
Torsdag 22 juni flyttades pumphuset flera meter på grund av kraftig nederbörd och höga vattenflöden i jokkarna. Avloppssystemet gick sönder och toaletter och duschar är nu avstängda. Fem bajamajor är på plats och fler tillfälliga dass är på gång. Det går att bada i jokken och bastun ar öppen. Vatten finns för att borsta tänderna och diska i självhushället men var sparsamma med vattnet. Restaurangen serverar frukost, lunch och middag. Arbetet är igang för att reparera skadorna men det kan ta två månader. quelle: stf kebnekaise fjällstation, 30.6.23
ich überlege nicht lange, als ich die 1. entscheidung aufm weg noch vorm weg treffe: ich streiche den kebnekaise. es war eh fragwürdig, ob ich den höchsten berg schwedens übers schneefeld zum nordtoppen besteigen könnte + wenn, dann hätte ich 1 warmes bett gebraucht, auf das ich mich freue, am liebsten mit bad. ja, es wäre wohl auch so gegangen + ich habe mehrere leute getroffen, die trotzdem vor ort waren. ich habs mir/dem personal gespart. man muss sich auch was aufheben für 1 nächstes mal, falls es das gibt. und ich kürze die tour + habe puffer nach hinten, falls was dazwischenkommt, 1 sturz/1 regen/1 loch.
ich machs mir bequem in meinem bett: “ich bin schon nah dran, aber drin/draußen bin ich noch nicht” sag ich zur freundin in 1 sprachnachricht. ich höre noch podcasts, so lange strom aus dosen verfügbar + dusche mit wasser aus hähnen, lege mich hin + schlage das 2. buch auf, in dem ich bis zu meiner rückfahrt kaum 2x drin lese, weil ich nur noch den geräuschen lauschen werde, die das zelt umflattern+schwirren+einlullen.