menschen (work in progress)

  • die alte frau auf dem bahnsteig, die mit ihrem mann händchen hält, beide in ausgehuniform, er, die weißen flusensträhnen mit pommade nach hinten gekämmt, in verblichenem, schief hängendem karojackett + zu weiten bundfaltenhosen, sie wie 1 kleiderschrank, den ihr spitz-bh aufstellt, mit lackierten zehennägeln in keilsandaletten + 1 festgesprayten dünnhaarhelmfrisur, die mittig luftballonknallrot gefärbt von seitlichen schwarzen zacken eingerahmt wird
  • der mann morgens im bus in der letzten reihe, der seinen chef anruft und sich entschuldigt, dass er 1/2 stunde später kommt, weil er gestern abend lange weg war
  • der mann mit dem 50 € schein, der den grantigen überlandbusfahrer, als der sagt, er könne nicht wechseln, fragt: „was machen wir denn jetzt?“
  • die frau im bus vor mir, die mit flinken pinken plastikfingernägeln übers handy klappert, ihre social apps durchscrollt, fotos/selfies/videos clips schießt, während ich ihr fasziniert über die schulter blicke + meine haltestelle verpasse
  • die junge frau im kreuzberger minigrün inmitten sozialbauten, leerständen + besetzten häusern, die zwischen kinderbeaufsichtigenden + kampfhundausführenden ihre katze am halsband spazieren führt
  • die beiden dicken alten lesben am bahnhof mit koffer, rollator, rucksäcken, minimaustshirts + symmetrischen kurzhaarschnittrasuren in lila+rosa, die mit sack+pack schnaufend von der bank hoch 5 m weit bis zum raucherplatz rollen, um sich 2 zigaretten anzuzünden, während andere leute ihre plätze besetzen
  • die 3 jungs im bus montag mittag, die sich über kontaktverbot zum bei der mutter lebenden sohn unterhalten + über schwangerschaft, geburt, aufschneiden des muskels zwischen „muschi+arschloch“ + dammriss zum perfekten handling für den orgasmus kommen (sie von hinten in den schwitzkasten nehmen + gleichzeitig mit den fingern „so machen“ bis sie spritzt)
  • der gestresste vater beim umsteigen am bahnhof mit dem sohn an der hand, der schreiend am in kürze ausgerenkten arm die treppe hochlaufend mitgeschleppt wird
  • die frau im hotel an der rezeption, die in ihrem arbeitszimmer „kruzitürken“ ruft, weil sie gestresst die falsche rechnung, die ich, nachdem ich schon draußen war + zurückgekommen bin, reklamiert habe, ändern soll, was sie nicht schafft, weil es so viel arbeit ist, die ihr das macht, wie sie sagt, während die gebühren für das buchungstool so hoch sind, + hinter mir schon neue gäste warten, weshalb sie mir die 16 € bar auszahlt + mich später anruft, ob sie mir die neue rechnung per mail schicken soll, sie bräuchte aber meine emailadresse, + mir 1 schönen sonntag wünscht
  • die frau im bus, die mit sich selber spricht, während sie aggressive hand+armbewegungen gegen die imaginären angreifer*innen ausfährt + mich, die ich schräg hinter ihr quer im sitz mit dem rucksack aufm rücken + der tasche aufm schoß sitze, im augenwinkel misstrauisch mustert, so dass ich mich umdrehe samt sack+pack, woraufhin sie nach 1 hustenanfall der dame vor mir die frage „welchen monat haben wir?“ stellt, was sie ganz natürlicherweise mit „oktober“ beantwortet bekommt + auch auf ihre nachfrage, nachdem 1 weiterer fahrgast sich zwischen sie gesetzt hat, „welcher monat ist das?“, die noch richtigere antwort, die ich nicht gewusst hätte, erhält: „der zehnte“
  • der junge im schwarzen mantel, der mich links auf der treppe 2 stufen auf 1x nehmend überholt, während ich zwischen 2 alten männern kurzamtmig hinauftrippele, bis ich ruckartig innehalten muss, weil er beim eintreffen des gegenverkehrs das handy hat fallen lassen „scheiße“ + es aufheben muss „sorry“
  • die frau, die die brille im wartezimmer vergessen hat aufm stuhl, wo ich sie finde, + mit mir vergleiche, weil ich so viele dinge zuletzt vergessen/verloren/verschusselt + (nicht) wiedergefunden habe wie die 2 badeanzüge (-), die tasche mit essen (-), den beutel mit elektrokabeln+powerbank (+), die mütze (+), die handschuhe (+), die sportjacke (-), …, + der ich, als sie wiederkommt auf der suche danach, sagen kann, dass ich das gestell vorne am eingang auf den thresen gelegt habe
  • der mann mit dem grauschwarzen colliemischling, der neben dem fahrrad herläuft in 1 hochgeschwindigkeitstempo, dabei im besten traberschritt, bis er ihn überholt, bevor er kurz darauf abrupt abbiegt + stark hechelnd stehenbleibt, während der mann langsam zum fahrradständer einbiegt + absteigt, als ich in der tram vorbeifahre, den kopf je nach geschwindigkeit+ampelphase linksrechts ihnen nachblicke, bis ich schließlich lese: hundewiese
  • meine antwort auf die frage der dünnen dame mit den dunklen augenringen, die mich mitten auf der straße in kreuzberg anhält + mir meine aura lesen möchte, ich sähe so aus als ob ich 1 kloß im hals hätte, im solarplexus, seit jahren. auch dass ich aus bayern komme, sieht sie oder hört sie an meinem RRR als ich ihre frage „ich habe 1 frege – sagt man das so?“ mit „fRRRage“ korrigiere. sie mache das eigentlich in zürich, aber nun spreche sie hier leute auf der straße an, ob ich bereit sei zu reden?: „wenn ich sprechen könnte, hätte ich vielleicht keinen kloß im hals“

… to be continued …

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