runden ums waldschlösschen
waldschlösschen, reinhausen
2012-2023
mit reinhäuser wald, wendebachtal, jägersteine, faulenseewand, hurkutstein
was bleibt:
- der bus, der ausfällt, + der lauf mit dem humpelfuß zum taxistand 1,5 km weiter, weil der koffer nicht auf den scooter passt, mit dem ich mir neulich den ellbogen verrissen
- der taxifahrer, der schwer schnauft unterm klassiksender, weil ichs eilig habe, aber nicht sage, + die quittung, die er ausstellen muss, obwohl er mitten in der einfahrt haltend mich nur rauswerfen wollte
- die ausgebuchte 1. klasse im ersatzzug + die reservierung per mail, die ich mir zurückhole aus angst, ich könnte selbst vom platz verscheucht werden -> das geplänkel mit dem sitzplatzbesetzenden darüber, wie er mit dem schalterticket an seine ersatzreservierung kommen könnte
- die frau, die den sitzplatzbesetzenden zum 2. mal verscheucht, worauf er wiederholt „ich hatte auch 1 sitzplatz“ – „ja, aber nicht den hier“, woraufhin ich mir total freundlich vorkomme
- die durchgeschwitzte unterwäsche unterm klamm werdenenden kleid, das langsam im klimaanlagenwind auskühlt
- die bekannte, der ich aus dem weg gehe, weil wir uns nicht leiden können, + das schließlich grüßen müssen, weil wir am bus gemeinsam warten: wie ich in ihre richtung starre, bis sie den kopf endlich herdreht, damit ich nicken kann
- die schüler*innenknirpse, die den bus überfluten: lauter kleine kinderkNöpfe, für die ich den doppelsitz, den ich mit meinem koffer blockiert habe, freigebe, woraufhin mich das blonde mädchen mit dem zopfkranz in ihre geheimnisse einweiht: „soll ich dir was sagen?“: wie sie sich ohne schulranzen, den großmutter genommen, durch die masse gedrängt habe, dass der busfahrer gemein sei, dass ihre freundin, die „kleine wunderbare phoebe“, ihn kenne, die ihr köpfchen lächelnd zu mir hochreckt, als sie das hört, während sie die hand 1 mädchens hält, das 2 sportschuhe auf dem sitz neben sich liegen hat
- der busfahrer, der an 1 haltestelle 1 kinderschuh aus dem bus wirft, woraufhin wir, die mädchen + ich, verblüfft feststellen, dass es 1 der sportschuhe des mädchens in unserer reihe war, die geschockt nicht weiß, warum er das getan hat + entsetzt an der nächsten haltestelle aussteigt – wie ich, in der retraumatisierung der busfahrer*+busfahrenerinnerungen erstarre + nichts tun kann außer mich zu erinnern:
- an den busfahrer, den wir whiskey nannten, wie er mit karacho die serpentinen hinunterschoss, während wir von 1 seite zur anderen kippten
- an die kinder, die nicht neben mir sitzen wollten + die köpfe schüttelten, wenn ich fragte, ob der platz frei wäre, bis ich aufhörte, zu fragen wie das mädchen, das nach pferdestall roch, das später mit ihrem auto bei 1 unfall ohne fremdbeteilung ums leben kam
- an den busfahrer, der 1 vollbremsung einlegte, weil ich trotz freier plätze im gang stand, woraufhin ich durch die reihen flog
- an die bustür, die der fahrer vor mir zuklappte, so dass ich zurücksprang, aber die schuhkiste, in der meine malstundenpinsel+farben lagen, zerquetscht wurde
- an die nasse hose, die ich mir vollgepieselt, aus keinem ersichtlichen grund, weil ich <bettnässerin> eigentlich nachts mir die blase zur genüge im bett entleerte, woraufhin ich versuchte, mich umzuziehen, bevor der bus kam + ohne, dass es jemand merkte, + wie ich in erinnerung zur oma in die kirche zum frühgebet lief, um sie um rat zu fragen, die mich jedoch zurück ins haus schickte, weil sie keine ahnung hatte, wo die mutter müde vom nächtlichen wirtshausbetrieb noch schlief + wie sich außer mir niemand daran erinnern kann, als obs 1 traum gewesen wäre + wie ich nicht weiß, ob ichs noch zum bus geschafft oder wie all die vielen male, wo ich verschlief, aufgelöst weinend zur überarbeiteten verschlafenen mutter lief, sie müsse mich in die schule fahren + wie ich (wie wir?) jedes mal panisch flüsterten, dass der vater nichts mitbekäme, aus angst, was passieren könnte, wenn …
- an das 1x mal, wo mir jemand, an den ich mich nicht erinnere, 1 haarsträhne vom hinterkopf abschnitt
- an den jungen, der mich so bedrängte + ärgerte, dass ich „vergewaltigung“ rief, woraufhin der busfahrer hielt + mich verwarnte, er würde mich rauswerfen, wenn ich weiterhin schriee
- die bushaltestelle am bahnhof in der stadt, zu der ich jeden tag von der realschule lief, obwohl sie viel weiter als die am markt, um als erstes in den bus einsteigen + 1 guten platz kriegen zu können, bevor die horden kamen
- an den jungen, der mir, da schon 15-jährig, die bücher auf den kopf schlug, als ich mit der kleinen cousine in der vorletzten reihe saß, wozu ich nur lächelte + weinte, bis er aufhörte
- die mutter, die die mutter des jungen anrief, aber gegen das tier in der frau, die ihr junges verteidigt, nichts ausrichten konnte, wie sies nicht aufnehmen konnte mit der mutter des jungen, der mich in die genitalien trat, wie sie nichts ausrichten konnte gegen die kinder, die mich katl oid schwatl riefen, weil sie teils mit mir verwandt oder ihre väter zu ins wirtshaus kamen, wo es dem vater wichtiger war, dass sie ihr geld daließen, damit wir überlebten + nicht bankrott gingen wie die generationen vor ihm, als dass er seine tochter (töchter) verteidigt hätte gegen die angriffe, seis getratsche oder getatsche – und wie sie, die mutter, jahrzehnte später kurz vor (oder nach?) ihrer hirnblutung den 1 jungen mit dativus ethicus maßregelte, der mich gehänselt, weil ich ihr fast nicht mehr zu schule gegangen wäre wegen ihm + den anderen, wie sie mir am telefon mitteilte, wie sie mir später oft die geschichten erzählte wie die, wo die frau, die mich mit betreut, geschlagen, als ich vom fensterbrett fiel, auf das ich nicht hätte hinaufsteigen sollen, oder die lehrerin mich mit gewalt ins auto verfrachtete, um zum kindergarten oder zur schule zu fahren, und wie sie daneben gestanden sei in all diesen fällen, wo ich schrie, und es ihr (fast?) mehr weh getan hätte (als mir?) – und wie ich sie heute im damals sehe, hilflos mit sich selber ringend, wie sie dasteht + zusieht: ich weiß nicht mama, ob wir unseren schmerz gegenseitig aufwiegen können, aber ich glaube dir gern, dass deiner mehr wiegt – ich löse den meinen täglich von neuem in den tiefen atemzügen der ausströmenden meditationsluft auf (nur einatmen muss ich ja auch)
- die ganzen 10 schulbusjahre = ca. 190 tage/jahr *10 = 1.900 tage * 2 fahrten täglich = 3.800 schulbusfahrten – gerechnet, nicht gefühlt
- das moped, das mir die eltern kauften, wozu ich den führerschein machte, wo ich 1x durch die theoretische prüfung fiel, weil ich nichts gelernt hatte, + 1x durch die praktische, weil ich nach 1 unfall beim hütchenfahren im schwingen unsicher war (weshalb ich später in 1 fast 90 grad kurve 1 unfall baute), womit ich nach je bestandener 2. prüfung die letzten tage des letzten schuljahres in die schule fuhr + jahrelang in keinen bus mehr stieg
- die kinder im bus in berlin-tegel vor einigen jahren, die ich wegen ihres lärmens ansprach aus 1 (reaktivierten) trotz heraus, der dem rotz auf dem fuße folgt, + die mich (radau, rabbatz, rabauken) retraumatisierten, mit denen ich mir 1 fotoschlacht lieferte, wobei wir uns jede*r in die sitze vergruben, bis sie aussteigen mussten + sich bei der gelegenheit beim busfahrer beschwerten, dass da oben 1 verrückte säße
- die gruppendynamiken bei den seminaren, wo ich mich selbst ausschließe, woraufhin ich mir ausgeschlossen vorkomme + doch bei aller liebe + allem willen nicht teilhaben kann, als hätte ich keine kindheit gehabt
- wie ich 1 platz zum nächsten stets freihalte beim 1. sitzplatzsuchen im raum + wie sich alle anderen der reihe nach gruppieren, bis links+rechts je 1 platz frei von mir ist
- die person, die als 4. in den raum kommt + sich zu den beiden auf der anderen seite setzt, während ich wie im bus versuche, die ausgeglichenheit herzustellen
- die spiele + parties, die die menschen abends veranstalten zur geselligkeit, während ich im bett lese, podcasts höre, schwedische serien schaue oder mich im wald in springkraut, kletten, dornen + brennesseln verfranse
- die umarmungen, die sie sich nach all dem gemeinsamen lernen+feiern beim abschied wie selbstverständlich herzlich zureichen, während ich auf die mitfahrgelegenheit warte, bis 1 auf mich zukommt + fragt: „willst du auch?“ + wie ich der 1. person noch leicht die schulter klopfe „ist schon gut“, bis 1 nach der anderen
an mir vorbeiauf mich zukommt zum drücken + wie ich zuletzt selbst auf 2-3 zugehe, um meine arme um sie zu schließen: ich bin bei euch, ich kanns euch nur nicht zeigen
- die umgefallenen flachliegenden flachwurzlerfichten+kiefern oben in der höhe im reinbacher wald + das sprießende chinesiche springkraut unten im wendebachtal
- der podcast zur stärkung des selbstwertgefühls durch sport: etwas geschafft haben – aber was ist, wenn das gegenteil passiert beim scheitern?
- der rosenverkäufer, der nachts aus dem dönerinbiss kommt, um in die nächste kneipe zu gehen, wie ich sehe, während ich im bus nach hause fahre