frankfurt (oder) – helenesee

frankfurt (oder) – helenesee, 24 km

2023/06

mit insel ziegenwerder, der oder, eichwald mit tzschetschnower schweiz + steiler wand (nicht gesehen), güldendorfer mühlental + buschmühle (es hat was geplätschert), lossower berge, märkischer naturgarten, markendorfer wald, helenesee von weitem

was bleibt:

  • die dämmerung um 3:54 uhr in frankfurt (oder) + die insel ziegenwerder, deren eingänge doch nicht wie angekündigt noch bis 6 uhr verschlossen sind + das pärchen auf der bank auf den sonnenaufgang wartend
  • die roten schaufelbagger am anderen oderufer + die reste der rieseneichen am wegrand wie mahnmale merkwürdigen ablebens
  • das kniedende steinmädchen von regina fleck + warum 1 frau 1 andere knicksen lässt: k1 knicks für nichts, die krähende auf dem dach, die villenruine am straßenrand, die zerbrochene weide, die immer noch sprießt, die schweinepestzäune + eisenbahntunnel
  • der sonnenaufgang hinter wolken im eichenwald + der weg, den wir verpassen, woraufhin wir hinterm schweinepestzaun 1 anderen einschlagen, der zugewachsen voll brennesseln 1 gesundheitskur gleicht in der hoffnung, am ende den richtigen weg wieder zu finden, aber es gibt keinen weg mehr, weil es ist juni + die gräser + farne + schilfe + brennesseln + kletten stehen hoch im wachstumskurs + der regen hat die niederungen überspült, aber wir können nicht durch die brennesseln zurück, glauben wir, also forsten wir durchs gestrüpp an der küste entlang in der hoffnung, es komme wieder 1 zivilisation + die natur in ihrer vollen pracht ist eigentlich auch nur urwald + was hat sich der mensch nur für 1 riesigen standhaften sauberen raum geschaffen in all diesem brennen, stechen, versinken? in der mückenhölle des brennelsbads stolpern wir über alte verrottende baumgefälle + kurz vor der panikattacke, als es mit der plötzlich stechenden ferse nicht vor noch zurück mehr geht, weil alles überkopf verwachsen+verfranst, denken wir an den schwumm mit der lifesaverboje weit draußen im see, als das heranziehende gewitter die wellen aufwarf + kein boden mehr weit+breit: survivalmodus heißt den teil des gehirns ausschalten, das sich in frage stellt, du darfst nur noch handeln: schwimmen, hechten, steigen, stapfen – orientieren wenns geht, darfst dich nicht aufregen, musst hin+annehmen, den widerstand in dir selber brechen wie die eltern dir den willen brachen: du musst dir selber spuren, sonst gehst du unter + kommst nicht mehr raus. (+ hinterher hast du kein bild davon.)
  • der dank an die tiere des waldes, die uns die binsen zu pfaden geschlagen+gelegen haben, so dass wir gelegentlich 1 stück weiterkommen in der gewählten richtung ohne von nesseln gepeitscht zu werden + die glasklare ahnung, dass die scham über 1 verstauchten oder gebrochenen knöchel uns hier vom notruf abhalten könnte, also passen wir aufs unterholz auf + meiden den sumpf, bis wir den schweinepestzaun finden, dem wir folgen können bis zum gatter
  • der kleine pfad hinter der hauptstraße, der, nachdem wir gerade die wollsocken, in denen sich die kletten am wohlsten fühlen, von den gröbsten stechsalven gereinigt, genauso weitergeht, weil niemand mehr mit der machete hier 1 durchgang fällt + alle pflanzen, die wegen des klimawandels ans sterben denken, heuer noch 1 letztes mal gewaltig ausschlagen
  • die anspannung der letzten wochen, die müdigkeit + das brennen der nackten knöchel, die nässe der hose + die klettenköpfe, die wie durch 1 wunder ins innere hineingerutscht sind, der ewig sich verlierende weg + die ständig im hintergrund lauernde angst, die bei gelegenheit in aggression umschlägt, die überforderung durch erwartungen an sich selbst + die strafe, die ich mir selbst zufüge, weil sie von außen, obwohl ich immer mit ihr rechne, nicht kaum mehr kommt
  • der rote mohn, der die köpfe gen osten reckt, auf weitem gelben feld: wir haben dich vermisst
  • das schild mit dem finsteren wandergesellen, das in den märkischen naturpark zeigt, + das spontane abweichen von der tour, die eigentlich um den helenesee (gesperrt wegen abrutsch) zum katja(!)see (die restlöcher vom tagebau) führen sollte, hinter der eisenbahn durch den park + das prompte verpassen der abbiegung + das gefühl, das könne man später nachholen, jetzt erstmal auf schönem weg gradaus, dann links
  • die langen oberrohrleitungen, von denen wir nicht herauskriegen, was sie wohin leiten, + die warnaufkleber für potentielle diebe, dass man dank dna alle kriegen würde
  • der gesperrte weg durch privatbesitz + das foto, das wir machen, der besitzer, den wir beim umkehren ans auto gelehnt sehen, uns beobachtend, die entscheidung, ihn anzusprechen, den jungen riesigen mann mit dem gewaltigen bauch + dem schwarzen löchrigen shirt, das plaudern über apps + wege + dass leute ihm den mittelfinger zeigen, wenn er sie auf die betreten verboten schilder hinweist + meine versicherung, dass ich nicht so bin, aber 1 schweinepestsperrung schon mal umgehe – privatgrund: nein, auf keinen fall, ich komme ja nicht von hier (“Sie kommen nicht von hier”) + kann nicht im dialekt servus sagen, passt schou. mit schwierigen menschen komme ich gut zurecht, da springt der wirtshausmechanismus an, der mit allen trinkern auf gutem fuß steht + sich verbündet, es ist der überlebenstrieb, der selbst bei drohender vergewaltigung auf den mitmachkanal schaltet, um nicht verletzt zu werden, weil nein sagen mehr schmerzt als durchstehen, glaubt man in dem moment, aber es holt dich immer wieder ein, und wenn ich auch dank entgegenkommens + großem dank den weg benutzen darf (“man kann ja reden mit den leuten”) + durchkomme, wie ich die nacht in norwegen bei dem schimmelpsycho überstehe, wie ich das in 1 fremden wohnung zum zwecke des sexualverkehrs eingesperrt + festgehalten werdens durchhalte, es holt mich doch immer wieder ein + während ich entgegen des rates an der waldgrenze rechts zum klinikum entlang durch den wald weiter durchs nabugebiet laufe, kann ich gar kein foto mehr machen, sondern sinke einfach hinab in all die gespeicherten situationen, momente bis stunden, momente wie stunden, wo ich so weit von mir entfernt, dass ich mich später in der erinnerung nur von außen sehen kann, bis ich voll bis an den rand davon mich später übergeben muss, um mich wieder zu reinigen + zurück zu mir zu kommen, zur leere in mir, der großen erschöpfung
  • die sonne, die sich als leuchtende scheibe durch den dunst am himmel fräst + das hohe grüne gras auf dem zu selten bewanderten weg, + dasjenige, das kurze zeit später gelb+braun gemäht darnieder liegt
  • die baustelle an den gleisen + der thw bagger, der vor+zurückpiepend sand+steine schaufelt auf dem einzigen weg + das vorsichtige heran, vorbei, durchschleichen durch die absperrungen, aber es ist alles markiert, alles geöffnet, alles in ordnung
  • die abkürzung der strecke bis zum helenesee, wo wir nach dem umziehen feststellen, dass der ersatzverkehr nicht vom bahnhof abgeht (ja wo denn dann???) + zur nächsten bushaltestelle laufen, wo zufällig zum glück gerade 1 bus fährt + die rückfahrt, wo wir nichts hören nichts sehen können, das waschen + hinlegen + schonen der schmerzenden ferse bis zum absturz ins nichts + das, was danach kommt
  • die ruhe am tag nach dem schauer + die neuplanung der strecke zum katjasee
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https://www.kaschpar.de/2023/08/12/suchbild-11/
https://www.kaschpar.de/2023/08/14/wenn-der-aerger-verfliegt-bleibt-nur-das-ungestillte-unstillbare-beduerfnis/

jeden tag fängt man neu an