döberitzer heide

dallgow-döberitz (bahn) – krampnitz, rotkehlchenweg (bus) 16,7 km

2023/02

mit döberitzer heide (sielmann-stiftung)

was bleibt:

  • der neuerliche wintereinbruch mit strengem frost + sonne + wie wir es lieben, weil wir vom warmen ins kalte wieder ins warme + 1 dach haben überm kopf, das uns nicht weggeschossen oder gebebt wird
  • die sonnenbrille durch zufall im rucksack von 1 letzten mal, kaum zu gebrauchen bei den temperaturen mit atemschutz + überhaupt ist die sonne heute auch ohne brille schön anzusehen
  • der mann mit der batmanmütze, dem militärrucksack + der “munitionsräumbergung”-beschriftung auf der arbeitsjacke, der uns schon 1 hinweis hätte sein können auf das, was uns erwartet
  • die eiskalten hände, die nur durch kurzes laufen warm werden, dann aber schön, weil die sonne rauskommmt
  • die 3 farben der 3 wegemöglichkeiten durch die döberitzer heide: gelb 5,3, blau 9,8, rot 21,8 km – wir wälen rot
  • all die menschen in der nähe der hauptstadt mit den hunden, die sie, nachdem sie uns sehen, schnell anleinen + anschließend an uns mit dem leicht vorwurfsvollen blick vorbeilaufen: wärest du nicht gewesen, hätte der hund hier freilaufen können, aber nein, du musst ja hier wandern! – ja mei!
  • der wunderschöne sonnnaufgang über der heide + das herz, das uns mitaufgeht + gegen die kälte anklopft
  • das rudel hunde, das auf knopfdruck lockruf hört + binnen 1 sek. von uns ablässt
  • die zunehmenden arbeitsautos + menschen auf freiem feld beim arbeiten in schutzwesten, weil es ist wochentag + wir urlauber*in wandern durch den werktag der anderen
  • die zigfache umzäunung des wildnisgebietes auf ehemaligem militärischem übungsgelände
  • das aktuelle schild, das über die sperrung von wegen wegen landschaftspflege mitsamt munitionsräumung bis “voraussichtlich februar 2023” informiert + unsere unkenntnis, ob da jetzt 1 rotes band hingehört oder nicht
  • die frau mit dem hund, die wir dazu befragen + die uns erklärt, dass manche wege schon wieder freigegeben wurden, wohin sie geht (nur 6 km) + dass man die netten herren hier ringsrum fragen könne, wenn man 1 erwische – die wege seien aber sicher!
  • unsere erkenntnis über unsere geringe furcht vor 1 tritt auf 1 übriggebliebene granate oder dem getroffenwerden von 1 nur durch sprengung zu beseitigenden bombenrückstand, die angesichts der drohenden gefahr, auf 1 gesperrten weg zu landen + von 1 kampfmittelräumer erwischt + geschimpft zu werden, zu 1 nicht vorhandenen rest dahinschwindet: wie können wir ihr nur erklären, dass wir keine angst vor dem tod, sondern vor dem, was ihm vorausgeht, haben?
  • die gruppe spaziergänger*innen, die uns für ortskundig hält, als sie uns fragen, ob sie auf 1 der wege zurückgehen können + unsere riesige ahnungslosigkeit, auf die uns im nachhinein wertvolle tipps fürs unterwegs sein auf unsicherem gelände einfallen:
    • wenn da kein schild steht, lieber nicht lang gehen, während da kampfmittelräumung ist
    • wenn da niemand sonst ortskundig zu fragen ist, lieber wieder zurückgehen
    • wenn da spuren im frisch gefallenen schnee sind, die von wander*innen stammen, einfach folgen: so schlimm kanns nicht werden
    • spätere korrektur: achtung bei jogger*innen: sie missachten oft 1 sperrung!

  • die frau mit dem hund + dem pferd (!) neben dem rastplatz + die heiße tasse tee + das etwas zu knapp bemessene frühstück
  • das ständige einschalten der taschenlampe mit den dicken handschuhen + die versehentlichen fotos dazu + survival of the fittest
  • die neuen wanderschuhe, die nicht eingelaufen werden müssen + das vorzeitige aus der alten bedeuten, die wir verkaufen werden
  • der standortschießübungsplatz neben dem alten militärischen übungsgelände – seid ihrs nicht leid?
  • der zugängliche aussichtsturm mit den 52 stufen, die jemand für uns gezählt hat, der bei jedem schritt knarzt im gefrorenen eisen + als wir übermütig, unsere aufkeimende angst zu nötigen, am geländer ruckeln ganz oben, nicht aufhört, nachzuschwingen im kern, dass uns doch etwas flau im müslimagen wird
  • all das weiß ringsherum unter blauem himmel, unter dem das grau+grün erstarrt ist + bei der kleinsten berührung droht zu bersten: klirr!
  • die schönheit des landes je nach wetter
  • der holzarbeiter, den wir 2x grüßen, bevor wir richtung wegsperrung weitergehen + das schild, das uns kurz darauf hinweist, dass der hauptweg von mo-fr gesperrt ist + das hast du von deinem “unterderwocheschnellmalrausfahren” + die frage, wie man davon hätte vorher erfahren können + ob mans recherchiert hätte, wenns möglich gewesen wäre, weil dann müsste man ja immer vorher nachschauen + all das streckenplanen mit bahnhöfen + ausrüstung je nach streckenlänge + wetter etc. ist eh schon langwierig genug
  • das abbiegen auf unbekanntes terrain + das suchen 1 alternative + das gute gpx programm, das uns jetzt immer zeigt, wo wir schon gewesen, damit wir uns das sparen + das 10 min. interview mit hartmut rosa über die tourist*innen, die von 1 ort zum anderen hetzen: wir müssen auch mal was prozessieren
  • der hunger, die ziellosigkeit, die ratlosigigkeit, das schöne land, das wir nicht sehen beim starren auf den bildschirm, das scheue reh, das in 1 der 3 elektrozäune springt, weils vom wildnisgebiet herausgeflohen war, + bei unserem nähern zurück will + beim 3. versuch durchkommt + das andere reh, das in die andere richtung flüchtet
  • der weg durchs geschützte naturgebiet, der von der seite aus, wo wir herkamen, nicht zu erkennen war oder vielmehr: weil wir den pflöcken nicht mehr folgten, weil wir nicht mehr vom wege abkommen wollten + der ausgezeichnete uns zurück ins hauptgebiet zu führen schien: der allein mit hasen+rehspuren gepflastert uns komisch hätte vorkommen können
  • der rastplatz zur richtigen zeit, der letzte rest riegel, die tasse tee, der jeep, der an uns vorbeirauscht, die ortung der nächsten bushaltestelle + die angst, dass wir im bus wieder unser ticket scannen müssen + es nicht schaffen, ob wir es gleich beim fahrer kaufen, ob wir bis zum a/b-bereich gehen, wo wir ohne anschlussticket einsteigen können, ob wir bis zur tram 5 km weiter gehen oder bis zur bahn 10 km weiter, nur um keinem brandenburgbusfahrer in die quere zu kommen
  • der brandenburgbusfahrer, der rasant fast an uns vorbeifährt, hinten einsteigen lässt, weiterbraust + wir unser per app gekauftes ticket zusammen mit der karte in der börse nicht doppelt+dreifach vorzeigen+einscannen müssen, sondern uns einfach hinsetzen + wegen der verspätung den anschluss verpassen können
  • der kurze moment in der menschenleeren heide, wo wir fernab jeglichen anschlusses uns vorstellen können, wie es im fjäll sein könnte, wenn wir allein ratlos, wo der weg hinführt, herumirren – und keine zehn min. später sitzen wir im warmen bus, ganz selbstverständlich, weil hier stündlich 2 in verschiedene richtungen fahren – ob jemand da steht oder nicht. danke.

durch den werktag der andern wandern