st. olavsleden 2022 (tvärtom) 22/27

st. olavsleden

trondheim – sundsvall, 650 km

tag 22: bräcke – lombäcken (11.9., 26,5 km)

aufwachen in bräcke

ich schlafe ok + als ich wach werde, schaue ich nicht ins tablet, sondern schlafe wieder ein. es gibt erst ab 8:00 uhr frühstück, ich muss nichts putzen. ich habe zeit + keine wahl: ich muss mich dehnen.

ich bediene mich großzügig am buffet + staune über die mengen an müsli, brötchen + käse, die ich vor jeder bewegung vertilgen kann. an den nebentischen gruppen + pärchen, kaum/keine wander*innen. beim zahlen plaudere ich mit maria, die hier arbeitet + jährlich den olavsleden geht – anscheinend – oder verstehe ich schon wieder was falsch? jährlich? sie hat 1 tochter + 1 tattoo auf der vorderen schulter + isst vegan – fast so wie ich – nur ohne kind, tattoo woanders + nicht mehr vegan. sie kocht auch alles selbst zuhause, weil in den verpackten lebensmitteln zu viele schlechte zusatzstoffe sind, + ich pflichte ihr bei, bin aber jetzt sicher, dass sie jährlich den weg geht. sie spricht deutsch, aber ich will schwedisch lernen, vielleicht hätte ich nach ihrer muttersprache fragen sollen. 

dann ziehe ich los bei strahlender sonne, die mit den wolken kämpft, noch weiß ich nicht, dass sie bald verliert, aber irgendjemand hat mir schon regen angekündigt – oder tut es noch, warum?! 

  • was jede*r hat: pappvögel/pinguine, die bei viel wind auffliegen in der luft

es geht die straße hinauf an der kirche vorbei, links der friedhof, rechts 1 schild: achtung fußgänger*innen. 1 frau kommt mir entgegen, die ohne stöcke walkt, ihre arme rudern wie bei den pappvögeln im kreise. jede*r nach seiner/ihrer fasson/fassung. 

denke schon wieder dauernd daran, wie ich leuten in der arbeit von der tour erzähle, weil sie die wenigen menschen sind, denen ich überhaupt davon berichten kann. ich suche der wanderung die passende form = fassung zu geben, den rahmen/die große erklärung: das ist passiert, das hats (mit) mir gemacht/gebracht. sehe mich an witze anknüpfen von vor 3 monaten + bin so weit weg. sehe menschen lachen, ob ich jetzt jemand anders wäre? und ich bins, aber nicht für lange. ich weiß aber, wer ich noch sein könnte. ich war schon so viele menschen. wer weiß, wer/was noch kommt. die frage ist, was ich ändern muss – ob nur innerlich oder auch äußerlich. 

die 1. rast an 1 kreuzung, wo plötzlich autos vorbeifahren, obwohl der weg nicht befestigt. ich denke an die wirtin karstin, ob sie es sein könnte, weil sie ja das frühstück hinbringen muss. den code will sie mir später per sms senden. oder ob sie in der nähe wohnt? was ist, wenn niemand dort – es gibt auf vielen km vor+zurück nichts außer privaten häusern. klopfklopf

fühle mich so aufgehoben, eingepasst ins land. es kann mir nichts geschehen. ich habe keine … textvorschlag: lust zeit ahnung. ich habe keine angst.

the lucky ones left alive weren’t good enough

runderhum viel kahlschlag.

nachdenken über das thema verlassen: sich auf, werden+sein. viele rastplätze+hütten an seen. an jeder ecke 1 see. ich habe alles für mich allein. noch keine*n einzige*n schwedische*n wander*in getroffen beim wandern, fällt mir da auf. vielleicht sind alle im schönen fjäll, nicht hier an den hauptstraßen entlang. hier kommt man mit dem auto her oder vorbei. in der hütte, in der man zur not auch schlafen kann, hängen 1 paar wollhandschuhe für übernacht, wenns zu kalt wird. die schwed*innen müssen aber hier vorbeigekommen sein oder sie wissen, wies ist, wenn man hier draußen schläft. so 1 fürsorge! die wander*innen danken es damit, dass sie den abfall in plastiktüten daneben hängen: tack dir auch, bringst du noch meinen müll weg? im klohäuschen oben 1 tüte mit plastikresten in der ecke, wo jemand 1 abfalleimer erwartet hätte: what’s wrong with you?!

1 alter jäger pausiert an seinem auto, ich grüße ihn + gehe langsam vorbei, er dreht sich um, spricht mich nach kurzer überlegung doch an, ob ich wandern würde: ja. ich überrasche mich selbst mit meiner reaktion: dass ich hoffe, es regne morgen nicht, obwohl ich weiß, dass es nicht regnen soll, erst dienstag, aber vielleicht liegt es am engen vokabular, das ich zur verfügung habe, zum schmalen themengebiet 1 smalltalks/småpratt, sonst bin ich nicht so negativ eingestellt. er wünscht mir glück: lycka till! ich frage ihn, ob er jagen würde: ja. dann will ich tatsächlich wissen, ob er glück gehabt habt, weil ich neulich den ausdruck irgendwo aufgeschnappt + das wohl was ist, was man die jäger*innen fragt. er verneint. ich verweise auf das glückliche wetter. 

in meinen potentiellen rückkehrberichten bereite ich mich auf die fragen nach der politischen lage vor, weil 1 rechtsruck erwartet wird. ich werde sagen: ich lasse mich nicht auf politische diskussionen ein. ich weiß zu wenig über das land, trotz aller sprachkurse. ich falle wie bei der info, dass norwegen nicht in der eu ist, vom hocker, als ich lese, dass schweden 1 königreich ist. in welcher welt leb ich denn? bin ich joey von friends?

the lucky ones left alive weren’t good enough

schweden (quelle: wikipedia)
- königreich/parlamentarische monarchie; mitglied der eu
- haupt- + bevölkerungsreichste stadt: stockholm
- ca. 221.800 inseln, darunter gotland, öland, orust; ausdehnung nord-süd: 1.572km, ost-west 499 km; höchster gipfel: kebnekaise, ca. 2.100 m
- 20 nationalparks, darunter der sarek; größte seen: vänern, vättern, mälaren, hjälmaren; während der eiszeit vollständig von eis bedeckt; durch das abschmelzen der eismassen, die die erdkruste niederdrücken, hebt sich das land aktuell jährlich zwischen 6-11 mm je nach standpunkt
- mildes klima durch warmen golfstrom + feucht mit viel niederschlag, geringe temperaturunterschiede zwischen winter+sommer; durchschnittstemperatur im januar zwischen -14/-12 °C im norden + -2/0 °C im süden sowie im juli zwischen 12/14 °C im norden + 16/18 °C im süden
- kälterekord 13.12.1941, malgovik, -53 °C; wärmerekord 29.06.1947, målilla, 38 °C
- sonnauf/untergang abisko: 7.12.-5.1.: kein sonnenaufgang; 25.5.-19.7. kein sonnenuntergang
- einwohner*innen: 10,4 millionen (2020), [davon leben laut meinem schulbuch 90% im süden] lebenserwartung 82,4 jahre, altersmedian: 41,1 jahre
- ethnien: schweden, sami, schwedenfinn*innen, 18% einwander*innen
- sprachen: schwedisch (amtssprache), anerkannte minderheitensprachen: finnisch, tornedalfinnisch, jiddisch, romani, samisch, schwedische gebärdensprache svenskt teckenspråk; 80% sprechen englisch, filme werden üblicherweise nicht synchronisiert, sondern untertitelt; deutsch als 2. fremdsprache in der schule: ca. 25%; verstanden werden wegen ähnlichkeit meist norwegisch + z.t. dänisch
- evangelisch-lutherische schwedische kirche: 1972: 95,2%; 2020: 55,2%; muslime ca. 5,1% (2014); katholiken ca. 1,1% (2016); orthodox/orientalisch-orthodoxe kirche 1,2%; jüdische gemeinde ca. 0,1%
- sicherheit: global peac index platz 6/27 eu + 13 weltweit (2019); mordrate seit 1990er gesunken, aber höher als in deutschland; bandenkriminalität v.a. in den großstädten; seit 03/2016 terrorismuswarnstufe 3/5

die erinnerung an den podcast zu alfred nobel, dem erfinder des dynamits + stifter des nobelpreises (darunter: friedensnobelpreis) + seinen kontakt/unerfüllte liebe mit bertha von suttner. parallelgesellschaften. zweiklassengesellschaften. usw. 

oben aufm trail soll es laut meinem reiseführer 1 quelle + bank geben. ich ächze mich so lange vor, bis ich denke, ich bin vorbei, das gps meint, ja, könnte sein. ich setze mich auf 1 stein vor die zugewachsene aussicht + überlege, was ich als nächstes mache. was mache ich danach? aufenthalt in sundsvall oder nach stockholm oder ganz woanders? wo gehe ich hin, wenn ich fertig gegangen bin?stockhom ist viel zu teuer. uppsala? ebenso. nach norden kann ich nicht, ich will gen süden, die rückfahrt verkürzen. gestern der podcast zum überplanen/överplanera: dass man das lieber tut, weil was anderes nicht geht. vielleicht machts mir spaß. recherchieren. aber heute abend ist mal pause: es gibt weder strom noch wlan. 

als ich wieder aufbreche, kommt 10 m weiter die bank. scherz oder? dazu der pfeil zur quelle. wir legen den rucksack nochmal ab + steigen hinunter, aber wir kommen nicht zu 1 punkt, wo das wasser so fließen würde, als wäre es klar. 

slammeråsen 
ist der name des kärrvägen (wald/feldweg) oder auch kungsvägen oder pilgrimsleden (königsweg, pilgerweg). slammeråsen ist das geräusch, das die gefährte machten, als sie den „elendigen“ weg über den käringsberget fuhren. er wurde neben dem alten pilgerweg gebaut, der fahrdamm ist noch heute zu sehen. das dorf slammeråsen wurde 1650 gegründet, aber schon in den 1800er jahren verlassen. nur die häusergründe gibt es noch. auf dem slammeråsen gibt es stark gefährdeten schmetterling trolldruvemätare (baptria tibiale; trauerspanner, schwarzer christophskrautspanner), der nach der pflanze trolldruva benannt ist (trolltraube). 

überhaupt bin ich gerade im schmetterlingsgebiet. aber kaum welche zu sehen.

kurz vor ende der strecke setzt der nerv mich außer gefecht + ich mache 1 dehnpause mitten im feld. 

dann der abzweig zur unterkunft, die sonne neigt sich schräg übers feld + taucht alles in warmes, idyllisches licht. es gibt für nicht-übernachtende 1 ausruhebank mit stempelkasten, den die ameisen für sich erkoren haben. viele liegen zerquetscht zwischen den schließmechanismen des deckels. 

ich finde abseits vom weg 1 stuga mit bullerofen + wasserkanistern, waschgelegenheit durch bach + 1 utedo. den code habe ich per sms bekommen wie geplant. ich habe alles am telefon verstanden. es gibt 1 snackbar mit vertrauenskasse. das gebuchte frühstück ist im kühlbehälter. genug feuerholz für 1 nacht mit speziellen spänen zum anzünden steht bereit. 350 sek. alles ist so unterschiedlich, nur eingerichtet sind alle ganz wunderbar mit ihren lampen in den fenstern + teppichen + loppis-klimbim. 1 spiel für den einsamen wanderer hängt an 1 bord. vielleicht schaue ich morgen kurz rein. 

kaufe noch 1 mini-snickers für 10 sek + buche die letzte unterkunft in selånger ohne frühstück. wir schreiben uns hin+her, ich auf schwedisch, sie auf englisch: wirklich? kein frühstück? nein. abendessen? nein. ich erkläre mich sogar. 

beim bach müssen wir uns sputen, weil es schon kühl wird. wir essen die suppe, die uns bald zum hals heraushängt + legen uns warm hin, ab+an schüren wir 1 scheit drauf. den wasserkocher kriegen wir nicht zum pfeifen, aber es reicht auch so. er hat 1 eule vorne drauf, 1 uggla, deren leuchtende augen bewachen uns in der nacht. 

balance zwischen kümmern+loslassen

https://www.kaschpar.de/2023/01/05/balance-zwischen-kuemmernloslassen/