st. olavsleden 2022 (tvärtom) 18/27
st. olavsleden
trondheim – sundsvall, 650 km
tag 18: östersund – brunflo (7.9., 21,2 km)
und schütze uns vor dem ond/ont
weil die etappe bis brunflo nicht weit + wlan hier gut, recherchiere ich, wies hinter gällo aussehen wird. die orte+namen fließen mir durcheinander + ich werde später nicht mehr wissen, welcher nach welchem kam. die erinnerung an die bekannte strecke am kanal nach tegel zum wochenendlauf, bevor wir immer nach brandburg fuhren: wie wir bei müdigkeit + nachlassender motivation stets die einzelnen stationen vor uns + uns vor_gestellt haben: der pfeiler, die kurve, die brücke, die kehre, der see, die mariNa, der baum, die bänke, die neigung, die ecke, die steigung, die aussicht, der abfall, die letzte steigung, die treppe, die greenwichpromenade. wie wir nach gefühlt ewiger zeit wieder 1 lauf versucht + uns gleich übernommen + mit schmerzen uns durchbeißen mussten zum ende, die stationen nicht mehr in der richtigen reihenfolge wissend. alles vergessen. + trotzdem bisschen wie daheim: ja schau, so wars.
bei planen hinter lombäcken, wos nur 1 schlafmöglichkeit gibt, nur ö erreichbar, der ort mit 1 buchstaben, den ich für 1 fehler hielt wie å, fluss, wo der nächste detlef. mal sehen, obs nicht noch 1 alternative.
das bein fühlt sich gut an. sitze noch ein wenig herum + blogge was. check out um 11 uhr, das nutzen wir aus, auch nochmal beim café vorbei, geld wechseln noch.
- was ich verloren habe + z.t. wiederfand:
- die gamasche (1 verloren, 1 weggeworfen, neue gekauft)
- das hosengürtelband (gerissen + verschwunden)
- den deckel – warum braucht 1 topf auch 1 deckel wenns nur drunter anfängt heiß zu brodeln?
wenn jemand neben mir schnieft
das geldwäschewechselinstitut hat laut app erst später auf, also geh ich 1 runde. es ist 1 wundervoller tag. ich bin so satt + so spät dran, dass ich eigentlich gar nicht mehr einkehren kann. als ich es doch tue, das 2. mal selbstwertproblem, nur mit 1 anderen peson an der theke. I am trash. vielleicht sollte ich auch einfach nicht mehr in kaffeeketten einkehren. jedes mal 1 grenzerfahrung. ich weiß nicht, wieso. sie lacht, als ich bar zahlen will. bara kort! der selbstwert muss alles regeln … ich halte die pause kurz, weil neben mir jemand kein taschentuch hat + ständig die nase hochzieht. ich habe schon verschiedenen leuten 1 tempo angeboten, weils mich so nervt, aber heute halte ich abstand.
am ufer entlang die frage, wies den leuten geht, die immer hier sind in dieser blauen sonnigen bucht. da reißt der weg mit 1 ruck das bild entzwei + wir wandeln auf 1 schmalen grat. rechts die bucht mit blauem, kostspieligem, diamantenem glitzer – links 1 stacheldrahtverhau + graue, öde leere. die angst vorm sozialen abstieg der mittelschicht, das bisschen, was sie sich leisten können, nicht mehr zu kriegen. die erinnerung an die ererbte angst der eltern, das wirtshaus würde insolvent, alles ginge den bach abbe, wie der thomas im schwyzerdütsch immer sagte, alles vorbei zunichte aus, weil die urgroßeltern fast ruiniert + nur die übergabe an die oma maria alle gerettet, die den renner josef geheiratet hat, der 1 geld mitgebracht hat. aber wer 1x so nah am ruin, steht nie wieder auf festem grund, dem wackeln die knie auch bei klingelnden kassen + er schüttelt die angst in die kinder hinein, die in seinen armen keinen festen halt. die sonne, die freiheit, die pilgerung: alles nur teuer erkauft. was machen wir danach?
ich komme nicht mehr zurück über die gleise + muss die große runde gehen + am ende zurück, um das geld wechseln zu lassen. muss ich gar nicht, ich könnte auch was abheben oder mit karte zahlen, aber jetzt hab ich das bargeld dabei, das will ich ja nicht dauernd herumtragen. am eingang zur bank das schild mit anderen, früheren öffnungszeiten als auf meiner app. du kannst der applekarte einfach nicht vertrauen, entweder es stimmt nicht oder es gibts nicht, immer ist was.
die jacken trage ich jetzt im rucksack
beim versuch zurück über die brücke den schönen weg zu gehen, weil wir die natur dem köpcenter vorziehen wollen, ist der weg versperrt wegen bau. na gut. dann halt durch die stadt. kommt bestimmt noch ein café?! wenn man nicht wirklich was braucht, aber alle möglichkeiten hat, tut man sich schwer mit der entscheidung. ich springe in 1 späti, nur um mich umzusehen + wieder rauszulaufen, ich brauche ja nix. ich würde nur gerne. bald weniger infrastruktur bzw. gewerbegebiet. ich müsste aufs klo. draußen aufm weg kein problem. aber in der stadt? finde da mal 1 versteckte, grüne ecke, wo man sich traut. zum glück hab ich die alternativhose an, die schnell rutscht.
plötzlich supermärkte, mittagszeit + ich kaufe 1 komplettes mahl mit räkorsmörgås + kakao, statt 1 stück käse für mein restliches brot – es ist 1 impulshandlung. wenn wir schon nicht den schönen weg gehen konnten, dann nutzen wir das köpcenter jetzt aus. die ständige kompensation+belohnung vor der nächsten restriktion. die erinnerung an die freundin des bekannten des exfreundes, die ebenfalls unter essstörungen leidet/litt: „um kalorien einzusparen lasse ich jetzt die nüsse weg von meinem müsli.“ ja, kann man machen. muss man aber nicht. der angestellte prüft meinen 500 sek lapp genau. äh?!
auf 1 vermutlich privaten bank die nächste pause, noch kaum was geschafft vom weg. was solls. kann ich jetzt auch nicht helfen. so ists halt heute. ich weiß nicht, wie weit ich komme. ich weiß nicht, ob ich ankomme. vielleicht muss ichs auch nicht wissen. vielleicht muss ich nur gehen. ist nur die frage, ob ich auf der strecke liegen bleibe oder morgens nicht mehr aus dem bett komme.
dann frisch gestärkt an den gleisen entlang, der weg ist ok. alte leute im auto, die mir danken, weil ich auf die seite gehe auf dem schmalen schotter. unten glitzert der stor_sjön. der große see. der see ist schön. sjönen är skön. ein schöner see. en skön sjön.
ich bin ein bisschen müde + schalte das hirn aus, höre 1 podcast über soziale gesundheit + 1 arztpraxis in 1 brennpunkt in london, wo alle, von der putzkraft bis zum doktor, dasselbe gehalt beziehen. ich schalte den kopf nur an, wenn ich plötzlich treppen hinauf oder hinunter muss oder der weg sonst sich verzweigt. dann mache ich 1 pause mit qi gong, während leute an mir vorbeiradeln. es ist mir egal. hoch das qi, runter das qi.
die nächst st. olavsquelle liegt auf 1 privatgrundstück + ich will schon vorbeilaufen, weil leute im hof stehen, vermutlich ansässige, ich will ja nicht stören. meine güte. trillionen schilder weißen auf den weg zur quelle + ich scheiß mich an wegen 3 leuten. trotz aller guten erfahrung noch immer der 1. gedanke bei 1 begegnung: kann ich da weg?
3 schritte weiter sind die leute nicht mehr zu sehen + ich kehre um + gehe zur quelle hinab. es dauert ein wenig, bis ich 1 stelle finde, wo man das wasser noch schöpfen kann, es plätschert leicht vor sich hin, gerade so tief, dass man die tasse zur hälfte tunken kann für den trunk. es schmeckt nach frischer erde. wir loben das wasser + danken schön.
an der kirche noch 1 stempel mitgenommen, ich achte schon gar nicht mehr auf die leute, die mich dabei beobachten. es werden komischerweise grad mehr. vielleicht, weil das wohnen hier günster ist als in östersund? ich fange an, 1 lied zu dichten auf dem weg mit 1 leichten melodie + werde später nicht rauskriegen, ob es das schon gibt. die 1. zeile lautet:
im orsteingang von brunflo liegt 1 schmelzender haufen schnee. spannend. wie kommt der da hin?
gehe ich erst einkaufen oder erst in die stuga? es gibt 1 code für die box, aber ich habe vergessen, nach der genauen straße + hausnummer zu fragen. die app ist so gut, dass ich das haus auch so finde, wie erhofft, aber der code passt nicht zur box. ich bin etwas verzweifelt + tippe noch verschiedene nummern ein, da öffnet 1 frau die tür. hoppla!? hallo, I am so sorry! ich versuche ihr weiszumachen, dass auch mein schlüssel da drin sei, obwohl sie mir versichert, das sei ihr ferienhaus. ich rufe sören an + er erklärt mir auf schwedisch alles, aber ich verstehe plötzlich nichts mehr, kann aber auch nicht auf englisch wechseln, es ist zu spät, ich muss jetzt durch die sprache durch. er meint, vielleicht könne mir die frau helfen.
stressertussi panikkatja
ich renne auf dem grundstück auf+ab, ich sehe die stuga, aber es gibt keine schlüsselbox, ich renne zurück, aber der code geht nicht, ich kriege von ihr den schlüssel, um zu sehen, ob er für meine stuga geht, ihr sohn sperrt mir die box auf, da finde ich unten an der seite vom haus 1 zweite eingangstür. + 1 zweite schlüsselbox. der code funktioniert. es gibt 2 schlüssel für mich. ich renne zurück, der mann der frau erscheint, er ist not amused, dass jemand hier vor der tür steht mit seinem schlüssel in der hand, ich kann mich nur entschuldigen.
ich gehe zurück zum 2. eingang, gehe in 1 vorraum, lege den ruckack ab + rufe sören zurück + sage, es ist alles gut ausgegangen, er lacht + freut sich, dass ich nicht ganz deppert bin, er war schon etwas hilflos nach 50x erklären, wo was ist. bei der gelegenheit meint er, die letzten mieter*innen hätten gesagt, es würde oben von der dusche tropfen, ich sage, jag kollar runt, vielleicht sehe ich ja was, er freut sich, ich solle das geld ins gästebuch legen.
ich lege auf + kollar runt. im vorraum stapeln sich gartenstühlen + bettwäsche in tüten, 50 sek, die küche mit dusche. wo ist das bett? wo ist das gästebuch? ich rüttle an den türen in der küche + in vorraum, aber alle sind verschlossen, dahinter höre ich die familie, die ich gerade gestört. ich bin so aufgelöst, dass ich überlege, im vorraum auf dem teppich zu schlafen. hauptsache 1 dach überm kopf. ich lese die beschreibung nochmal durch: stuga med eget kök. hm. dusche ich jetzt oder gehe ich erst einkaufen? ich bin vollkommen erledigt.
ich packe meine sachen aus + habe plötzlich 1 idee. ich nehme den schlüssel + laufe zur hütte hinunter, um die ich vorhin schon herumgesprungen bin: der schlüssel passt. die tür geht auf, es quillt die wärme wie watte raus, ich muss dagegen angehen. drinnen 1 doppelbett, 1 couch, 1 tisch, 1 gästebuch. meine güte. jetzt check ichs erst. ich bin echt durch. scheiß schwedisch. warum bilde ich mir, diese sprache beim buchen sprechen zu können, ich habe ja überhaupt nichts verstanden! ja stimmt nicht. code, nyckelbox, stuga. ich drehe die heizung runter + bin am ende, kann aber noch einkaufen, darunter 1 bier. 3x gehe ich ums chipsfach herum, kaufe 1 minitüte kräcker + 1 suppe. beim öffnen des kühlschranks sehe ich läsk + verstehe, was sören meinte, was ich trinken kann zur erfrischung, weil mein huvedet so dålig.
beim duschen tropft bei mir nichts, aber ich verstehe nicht, wie man hier lüftet, ans fenster kommt man nicht ran. der herd geht auch nicht an. ich drehe an der stromzeitschaltuhr, aber es tut sich nichts. ich versuche 1 langes stromkabel von 1 vorraum in die küche zu ziehen, weil drüben das licht: das geht, aber das kabel reicht nicht rüber. jetzt hab ich die suppe schon aufgemacht, 1 frische dosensuppe, ich hätte auch alles andere kaufen können, aber ich kann nichts kochen. ich brauche die mikrowelle dafür, kann ich die rüber in den vorraum? dann probiere ich die stromzeitschaltuhr 1 zweites mal, diesmal stelle ich ½ stunde ein, nicht nur 10 min. plötzlich geht 1 licht auf. der strom läuft.
ich esse meine suppe + kekse aus der dose, es sind pepparkakor + es duftet nach weihnachten. so viel gewicht wie möglich abbauen. ein bisschen haferflocken mitnehmen, 1 feuerzeug hierlassen, das ich nicht brauche. 7 neue ziptüten einstecken, alte wegwerfen, den rest der packung in den schrank. wir nehmen was mit, wir lassen was hier. wir tauschen aus. als ob uns das glück brächte. die erinnerung an maxi + anke, die am abend in folden gård alle schränke durchsuchten, um zu sehen, ob es reste gäbe. in östersund im stf-hotel ganz natürlich, dass es in der küche auch 1 fach gibt mit leftovers. 1 kg tüte proteinpulver? oh, that’s so nice of you, but no, thank you!
jag måste kopplar av
ich kann gar nicht mehr weinen. ich bin so erschöpft, vollkommen überfordert, ich checke hier nichts, alles so kompliziert, jeder tag, jede unterkunft anders, mal funktioniert der abzug nicht, dann gibts keinen strom, dann kein wasser, wo ist das klo? ich trinke das bier + schleppe mich rüber zur hütte, schlafe 2 stunden auf der couch.
als ich aufwache, weiß ich nicht, wo ich bin + was ich tun muss. es ist kalt + ich drehe die heizung wieder auf. ich höre nichts von meinen kontakten. ich bin auf mich gestellt. und ich klappe weg. erst machte der magen zu, dann das bein, jetzt der kopf. auf meinem yogitee, den ich aus der dose in der küche genommen habe, steht: ich soll die kunst des zuhörens entwickeln. bakom huset. ach bakom huset! hinterm haus ist die stuga.
wenn ich die augen stark anstrenge, kann ich sie kurz auf scharfstellen + die buchstaben der tastatur sehen. sonst ist alles weit weg verschwommen. so fühle ich mich: abgeschnitten von dem da draußen. ich kann mich anstrengen + scharfstellen, aber es kostet so viel kraft, dass es nur geht für den moment, dann geht alles wieder ineinander unter.
slow down
die glocken vom bahnübergang klingen wie kirchenglocken, als läute sie d. heranziehende*n pilger*in ein. aber nein, sie warnt nur vor dem zug.
was ist aus dem vorsatz geworden: wenns nicht mehr weitergeht, setze ich mich in 1 hütte + bleibe da. jetzt plane ich mehr tage im voraus als je.
das wärmepad auf dem nerv hat geholfen, es ging zwischendurch besser, der muskel macht auf + lässt die salbe rein. aber es ist kein verlass noch. wann bin ich so runtergekommen? wann habe ich den punkt verpasst, wo es gekippt ist? ich bin die 3. woche unterwegs. darf ich noch so weitermachen oder muss ich aufhören? ich plane keine pause in der 4. woche. ich plane das rückfahrtticket für 21.9., kurz vor saisonende vom nachtzug. ich plane die pause am ende, will die schönen tage nicht verstreichen lassen. die sonne aber brennt mich aus.
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